Stühle stehen im Kreis, Symbol für Gruppentherapie (Quelle: imago/Westend61)
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Kurzsfristige Termine beim Psychotherapeuten! Was ist neu? - Schnelle Hilfe bei psychischen Problemen

Jeder Vierte bekommt im Laufe seines Lebens seelische oder psychosomatische Probleme. 14 Prozent aller Krankheitsstage erfolgen wegen psychischer Erkrankungen. Doch einen Termin bei einem Psychotherapeuten zu bekommen, ist auch in Großstädten schwierig. Aber: Seit April 2017 gelten neue Richtlinien für Psychotherapeuten, die Besserung versprechen.

Was ändert sich durch die neuen Psychotherapie-Richtlinien?

Seit April 2017 sind ärztliche und psychologische Psychotherapeuten verpflichtet, mindestens 100 Minuten Sprechstunden pro Woche für  alle Patienten anzubieten. Diese speziellen Sprechstunden sollen kurzfristig angeboten werden und dauern  mindestens 25 Minuten. Erwachsene haben  Anspruch auf bis zu sechs Termine einer solchen "Erst-Sprechstunde", Jugendliche bis zu zehnmal. Darüber hinaus müssen die Therapeuten oder eine Sprechstundenhilfe  200 Minuten pro Woche telefonisch erreichbar sein. Diese Zeiten erfährt der Patient auf der Homepage oder dem Anrufbeantworter des Psychotherapeuten. Dadurch sollen Patienten mit psychischen Problemen schneller professionelle Hilfe bekommen.

Welche Aufgabe hat die kurzfristige Sprechstunde beim Psychotherapeuten?

Die Sprechstunde dient vor allem dem Zweck einzuschätzen, ob jemand psychotherapeutische Hilfe braucht oder nicht. Insofern ist dieses Angebot auch eine vorbeugende Maßnahme, weil Patienten auf  Beratungsangebote hingewiesen werden können, die helfen, dass sich eine psychische Störung erst gar nicht entwickelt. Ist der Patient tatsächlich krank, kann hier bereits geklärt werden, ob eine Kurz- oder Langzeittherapie  sinnvoll wäre und ob eher eine Einzel- oder Gruppentherapie notwendig ist. Jeder Patient geht mit einem Informationsschreiben aus der Sprechstunde. Darin empfiehlt der behandelnde Therapeut alternative Beratungsangebote oder weiterführende Behandlungen.

Auf welche Behandlung habe ich neuerdings einen Anspruch?

Wenn in der Sprechstunde ein dringender Behandlungsbedarf festgestellt worden ist, haben Patienten einen Anspruch auf eine Akutbehandlung, die verhindern soll, dass sie schwerer erkranken, arbeitsunfähig werden oder ins Krankenhaus eingewiesen werden müssen. Diese kurzfristige Intervention besteht aus 24 Gesprächseinheiten à 25 Minuten, also insgesamt 600 Stunden, die auch individuell anders aufgeteilt werden können. Die Akutbehandlung muss nicht bei der Krankenkasse beantragt werden.

Wann habe ich Anspruch auf eine Akutbehandlung beim Psychotherapeuten?

Voraussetzung für eine  Akutbehandlung ist allerdings eine Empfehlung des Psychotherapeuten; hierzu dienen die speziellen Sprechstunden. Nach einem Krankenhausaufenthalt oder einer Rehabilitationsbehandlung ist keine Empfehlung notwendig. Patienten können sich dann direkt an einen Therapeuten oder eine Terminservicestelle wenden, um einen Termin auszumachen.

Welche Therapieangebote verändern sich nicht?

Alle anderen Therapieangebote, wie Lang- Kurzzeit- oder Gruppentherapie müssen nach wie vor bei der Krankenkasse beantragt werden. Vor Beginn solcher Therapien sind so genannte probatorische Sitzungen zur Therapieplanung von mindestens zwei bis maximal vier Stunden notwendig. Bei der Kurzzeittherapie gilt neuerdings, dass nach zwölf Stunden erneut ein Antrag gestellt werden muss und nicht wie bisher 25 Stunden am Stück bewilligt werden.

Wie komme ich an einen Termin beim Psychotherapeuten?

Die Wahl eines Psychotherapeuten ist Vertrauenssache, so dass es für viele Patienten wichtig ist, sich ihren Therapeuten selbst auszusuchen. Gibt es hier Schwierigkeiten, können die Terminservicestellen der Kassenärztlichen Vereinigungen helfen. Sie vermitteln innerhalb von maximal vier Wochen einen Sprechstunden-Termin oder einen Termin  für die Akutbehandlung. Eine Überweisung ist hierfür nicht notwendig. Allerdings hat man dann keinen Anspruch auf einen Therapeuten seiner Wahl. Termine für eine normale psychotherapeutische Behandlung vermitteln die Terminservicestellen aber nicht.

Was passiert, wenn über die Servicestellen kein Termin bei einem niedergelassenen Therapeuten verfügbar ist?

Wenn innerhalb von vier Wochen kein Termin bei einem niedergelassenen Psychotherapeuten zu bekommen ist, vermitteln die Terminservicestellen an die Ambulanz eines  Krankenhauses. Dort dürfen allerdings nur ärztliche und psychologische Psychotherapeuten die Behandlung durchführen.

Verbessert sich durch die neue Psychotherapeuten-Richtlinie die Versorgung der Patienten?

Ja und nein. Die Akutversorgung wird durch die neuen Sprechstunden und die Akutbehandlung gestärkt. Allerdings geht diese Zeit vom Gesamtkontingent der Sprechstunden der Psychotherapeuten ab, so dass in Zukunft für andere Therapieangebote möglicherweise weniger Zeit bleibt.

Beitrag von Ursula Stamm

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