Buch und Stethoskop (Bild: Colourbox)
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Erklärungshilfe im Internet - Patienten-Deutsch statt Mediziner-Latein

Nach maximal 24 Sekunden unterbricht ein Arzt im Durchschnitt seinen Patienten. Fast jeder kennt das Gefühl, aus dem Sprechzimmer zu gehen und viele Fragen nicht beantwortet bekommen zu haben - und wenn doch, dann häufig nur im Ärzte-Latein. Kein Wunder, dass Erklärungshilfen für Arztbriefe, Diagnosen und Symptome im Internet Konjunktur haben. rbb Praxis hat sich umgeschaut, welche Angebote es gibt und was von ihnen zu halten ist.

Eine der bekanntesten Websites, die sich zum Ziel gesetzt hat, medizinische Fachinformationen zu "übersetzen" ist washabich.de. Dabei handelt es sich um einen Online-Übersetzungsdienst für medizinische Befunde, der 2011 von Medizinstudenten der TU Dresden gegründet wurde. Mehr als 20.000 Arztbriefe sind seitdem ehrenamtlich von den Studierenden übersetzt worden. Inzwischen beteiligen sich Studierende und Ärzte an über 30 medizinischen Fakultäten in Deutschland an dem Online-Dienst. Der ist für Patienten kostenlos und hat sich zum Ziel gesetzt, "Medizinerlatein" in "Patientendeutsch" zu übersetzen. Je nach Komplexität brauchen die Mitarbeiter von washabich.de dafür wenige Tage bis mehrere Wochen. Nutzer können ihren Arztbrief, Laborbefunde oder Untersuchungsbefunde von MRT- oder Röntgenuntersuchungen im Umfang von maximal zwei DIN-A4-Seiten per E-Mail schicken. Die Studierenden – die mindestens im achten Fachsemester Medizin sein müssen - benötigen dafür nur den Befund des Arztes, das Alter und das Geschlecht des Patienten. Alle anderen persönlichen Daten sollten geschwärzt werden. Datensicherheit ist dem Onlineportal sehr wichtig. Deshalb werden Arztbrief und Übersetzung auch verschlüsselt übermittelt.

Arztbriefe - verständlich gemacht

Die Leistung von washabich.de ersetzt auf keinen Fall den Arztbesuch; sie enthält keine Therapieempfehlungen und keine Zweitmeinung. Sie soll lediglich helfen, den Befund des Arztes besser zu verstehen und informierter in das Arztgespräch zu gehen. Dem dient auch eine Broschüre, die die Initiatoren des Onlinedienstes erstellt haben. "Der Nächste, bitte" soll Patienten hilfreiche Tipps geben, die den Arztbesuch erleichtern. Der Online-Dienst washabich.de hat seit seiner Gründung zahlreiche Preise gewonnen und hat viele Impulse für eine bessere Arzt-Patientenkommunikation gesetzt. So gibt es an der TU Dresden im Studiengang Medizin inzwischen ein Wahlfach "Was hab ich?", das die angehenden Ärzte zu besseren Kommunikationspartnern für ihre zukünftigen Patienten ausbilden will. Dozenten sind die ehrenamtlichen Übersetzer; sie wissen am besten, welche Sprache die Patienten verstehen.

Andere "Übersetzer"

Es gibt noch weitere Anbieter, die Arztbriefe im Internet übersetzen. Diese arbeiten in der Regel kommerziell und sind häufig selbst Ärzte oder Heilpraktiker. Für die Übersetzung eines zweiseitigen Arztbriefes muss man dann in der Regel um die fünfzig Euro zahlen. Wie seriös solche Anbieter sind, lässt sich nicht immer leicht beurteilen. Die Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen hat zehn Kriterien aufgestellt, die sowohl bei der Beurteilung von Anbietern solcher Seiten als auch von Gesundheitsportalen generell helfen können.

Gesundheitsportale

Gesundheitsportale haben den Anspruch, Nutzer im Internet umfassend über Krankheiten, Diagnosen und Therapien zu informieren. Dazu gibt es meist eine alphabetische Übersicht und man kann bestimmte Schlagworte eingeben. Einige der bekanntesten Gesundheitsportale sind www.netdoktor.de vom Holtzbrinck-Verlag und www.onmeda.de, betrieben vom Springer-Verlag. Auch das Institut für Qualität und Wirtschaftlichkeit im Gesundheitswesen (IQWiG) bietet mit www.gesundheitsinformation.de eine solche nach Schlagworten sortierte Website an. Das IQWIG hat einen öffentlichen Auftrag, Bürger über Gesundheitsthemen zu informieren und die Seite wird von Ärzten erstellt. Dort finden sich zum Teil sehr detaillierte Informationen, etwa dazu, was die Kürzel im Arztbrief zu einer Krebserkrankung bedeuten. Die Bundesärztekammer und die Kassenärztliche Bundesvereinigung bieten mit www.patienten-information.de ebenfalls ein von der Stiftung Warentest empfohlenes Online Portal an.

Zudem gibt es auch Websites, die zu ganz bestimmten Krankheitsbildern erstellt wurden, wie etwa Krebs. Sie informieren meist gründlicher als solche, die den Anspruch haben zu (fast) allen Gesundheitsthemen Auskunft zu geben. Ein Beispiel ist www.krebsinformation.de. Dort finden sich sehr umfangreiche Informationen über Fachbegriffe, Diagnosen und Therapien. Zudem bietet der Dienst eine Beratung unter einer kostenlosen Hotline an, sowie die Beantwortung individueller Fragen per E-Mail.

Symptomchecks

Verschiedene Internetseiten bieten sogenannte Symptom-Checks an. Manche listen nur auf, was sich hinter bestimmten Symptomen verbergen kann. Andere führen, nachdem man Geschlecht, grobes Alter (Erwachsener, Jugendlicher, Baby/Kind) und die Region der Symptome angegeben hat, durch mehrere Fragen. Die Autorin hat einen kleinen Selbstversuch gestartet und die Symptome ihrer Hausstaubmilbenallergie eingegeben. Immerhin taucht diese Diagnose neben "Erkältung" und "Heuschnupfen" am Ende auch tatsächlich auf. Klar ist aber: Das kann nur ein erster Hinweis sein, und je unspezifischer die Symptome sind, desto weniger zuverlässig ist ein Symptom-Check im Internet. 

Beitrag von Ursula Stamm