Frau macht Sit Ups im Wohnzimmer (Bild: imago images/Panthermedia)
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Interview l Gesundes Training - Fitness: Einfache Übungen für zu Hause

Endlich wieder fit: Übungen für zu Hause die auch noch Spaß bringen. Wir haben sportliche Tipps von Physiotherapeutin Gefa Naegler aus Berlin-Wilmersdorf.

Fitness und Sport zum Wohle z.B. des Herz-Kreislaufsystems und auch für einen freien Kopf. Auch zu Hause ist das möglich. Physiotherapeutin Gefa Naegler hat einfache und effektive Übungen und Tipps.

Warum ist es wichtig, sich zu bewegen und nicht einfach auf dem Sofa zu "versumpfen"?
 
Man kann ja auf dem Sofa mal ein Wochenende versumpfen, aber da gibt es ja den schönen Begriff "Lagerkoller". Um dem vorzubeugen, sollte man sein Gehirn schon ein bisschen beschäftigen. Und Bewegung ist einfach eine schöne Art, das Gehirn zu trainieren: Man kann Koordinationsübungen machen oder man kann neben körperlichen Fitnessübungen versuchen, Jonglieren zu lernen. Da findet man im Haushalt bestimmt drei Gegenstände, die gleich viel Gewicht haben und mit denen man das üben kann.
 
Hinzu kommt, dass Muskeln, wenn sie nicht gebraucht werden, abbauen. Man weiß das von Knieoperationen. Wenn der große Oberschenkelmuskel - einer unserer kräftigsten Muskel - drei Wochen lang durch so eine OP nicht bewegt wird, hat er ein Drittel seiner Kraft verloren und nach sechs Wochen hat er die Hälfte seiner Substanz verloren. Der Muskelabbau geht in der Regel schneller als der Muskelaufbau. Man sagt immer, einen Tag trainiert man und dann sollte man innerhalb der nächsten drei Tage den nächsten Trainingsreiz drauf geben, sonst ist das eine Training verpufft.

Welche Übungen eignen sich gut, um den Kreislauf anzuregen?
 
Man kann Seilspringen. Wer da Bedenken hat, sollte sich mit seinen Nachbarn absprechen und ankündigen, dass es jetzt morgens immer eine halbe Stunde gibt, in der es etwas lauter wird. Man kann Liegestütze machen, Kniebeugen oder Ausfallschritte.
 
Bei den Kniebeugen und Ausfallschritten kann man zusätzlich kleine Gewichte in die Hand nehmen. Wer die nicht zuhause hat, kann halb oder ganz gefüllte Wasserflaschen nehmen - die sind ein guter Ersatz.

Schafft man es überhaupt, in den eigenen vier Wänden, die Kondition zu erhalten? Zum Beispiel, wenn man geplant hat, bei einen Marathon oder Triathlon mitzumachen?
 
Mit Seilspringen ist man da schon ganz gut aufgestellt. Das ist ein wirklich gutes Konditionstraining. All diejenigen, die sich zum Beispiel auf einen Triathlon vorbereiten, haben in der Regel für ihre Fahrräder eine Vorrichtung, in die man das Fahrrad einspannen kann. Die können dann auch in der Wohnung fahren.
 
Für diejenigen, die laufen, wird es natürlich schon schwieriger, sofern sie kein Laufband in der Wohnung haben. Hier bietet sich eventuell das Treppenhaus an, wobei man natürlich darauf achten sollte, dass dort nicht zeitgleich andere Menschen sind. Man kann dort dann Treppenlaufen oder auch Treppenspringen.

Mit welchen Übungen halte ich bestimmte Körperregionen fit? Zum Beispiel „Bauch, Beine, Po?“
 
Ich empfehle da ganz besonders das so genannte Planking oder wie man früher gesagt hat, der "Brückenbauch". Man geht auf die Unterarme, man setzt die Füße auf und hält den Körper zwischen Füßen und Unterarmen dann wie ein Brett. Das ist der Klassiker und trainiert die Stützfunktion der Arme, den Bauch, die Beine
 
Und wenn man dann auf den Ellenbogen und den Füßen so kleine Wippbewegungen vor und zurück macht, dann hat man wirklich ein sehr schönes dynamisches Training für die gesamte Körpervorderseite. Wenn man das noch steigern will, geht man nicht auf die Unterarme, sondern auf die Hände, mit gestreckten Ellenbogen - das trainiert zusätzlich die Armkraft.
 
Wer die Körperrückseite stärken möchte, legt sich auf den Bauch, setzt die Fußspitzen auf, die Knie durchdrücken, so dass die Beine gestreckt sind und dann einen Ball oder irgendeinen Gegenstand in die Hand nehmen. Dann den Bauch festmachen und diesen Gegenstand mir gestreckten Armen im Kreis hinter dem Rücken und vor dem Kopf übergeben.  Die gesamte Körperrückseite ist damit angespannt.
 
Für das Training der Beine empfehle ich die klassische Kniebeuge.

Kann man bei diesen Übungen auch etwas falsch machen, wenn man sie allein zuhause durchführt?
 
Richtig falsch machen kann man da eigentlich nichts. Wer unsicher ist, kann sich im Internet kleine Filmchen anschauen, die genau zeigen, wie die Übungen durchgeführt werden. Da muss man dann einfach die dementsprechenden Begriffe, wie etwa "Planking" eingeben.

Welche Geräte sind hilfreich? Und was kann ich als Gerät nutzen, wenn ich so etwas nicht zu Hause habe?
 
Im Prinzip kann ich ein ganzes Trainingsprogramm ausschließlich mit meinem eigenen Körpergewicht machen. Da gibt es auch viele Anleitungen im Internet dazu. Wer aber lieber Hilfsmittel einsetzen will, der kann zum Beispiel ein Badehandtuch nutzen. Das ist ein tolles Trainingsgerät, auch wenn man auf Reisen ist.
 
Man hälftelt dann das Tuch der Länge nach und macht eine ganz feste Rolle und stellt sich mit einem Fuß der Länge nach darauf. Das ist schon mal eine großartige Balanceübung. Mit dem anderen Fuß tippt man um das Handtuch herum und versucht sich auf dem Handtuch balancierend zu halten.
 
Sehr hilfreich sind auch Therabänder. Auch damit kann man ein gesamtes Körpertraining machen. Die eben schon angesprochenen Wasserflaschen kann ich mir individuell befüllen und so das Gewicht bestimmen. Einfach in die Hände genommen, kann ich damit kleine Wippbewegungen machen, man kann sie nach vorne raushalten oder nach oben strecken. Tennisbälle eignen sich hervorragend dazu, bestimmte Stellen am Körper zu lockern, auch als Ersatz für die Faszienrollen. Man kann sich auf die Tennisbälle legen oder auch an der Wand stehen und die Tennisbälle an verspannte Stellen am Rücken drücken und hin und her bewegen.

Wie kann ich Bewegung in ganz alltägliche Abläufe einbauen? Zum Beispiel beim Staubsaugen oder Zähneputzen?
 
Sehr effektiv ist "Wandsitzen". Dabei drücke ich mit den Beinen meinen Rücken an eine Wand und tue so, als würde ich auf einem Stuhl sitzen. Knie und Hüften sind dabei dann in einem 90 Grad-Winkel. Und, in der Position kann man dann zum Beispiel noch die Zähne putzen. 
 
Ich kann Zähneputzen auf einem Bein stehend machen, dann habe ich zusätzlich eine Balanceübung dazu.
 
Was man beim Kochen machen kann, ist in eine leichte Kniebeuge zu gehen und in der Position 30 bis 60 Sekunden zu verbleiben, um die Beine ein bisschen zu trainieren.
 
Ich könnte auch, statt die Fernbedienung zu benutzen, so tun, als hätte ich keine. Dann stehe ich jedes Mal auf, wenn ich das Fernsehprogramm umschalten will. Dann würde jedem mal wieder auffallen, wie häufig man eigentlich zwischen den Programmen hin und her zappt.

Viele Menschen sind derzeit gestresst und verängstigt durch die aktuelle Situation. Welche Entspannungsverfahren empfehlen Sie da?
 
Was jeder kann und jeder tut, ist atmen. Atmen ist die Funktion im Körper, die wir üblicherweise nicht bewusst wahrnehmen, weil sie vom vegetativen Nervensystem automatisch gesteuert wird. Aber man kann lernen, bewusst zu atmen, zum Beispiel bewusst tief ein- oder auszuatmen. Um das zu üben, sollte man eine bequeme Sitzposition einnehmen und seine Aufmerksamkeit nur auf das bewusste Atmen richten, also nur sein Ein- und Ausatmen verfolgen. Das ist eine ganz leichte Einsteiger-Meditationsübung, die eine sehr entspannende Wirkung hat.

Sport lebt ja für viele von der Gemeinschaft. Wie kann ich das erhalten oder improvisieren, wenn ich nicht aus dem Haus gehen darf?
 
Ich habe tatsächlich inzwischen Patientinnen, die schalte ich per Facetime zusammen. Ich mache dann Übungen vor und Patientinnen, die eine ähnliche körperliche Problematik haben, die schalte ich dann dazu. Das kann man z.B. über Skype, über Facetime oder Whatsapp Videoanruf tun. So kann man sich mit Sportfreunden zusammenschalten und kann sich so gegenseitig motivieren und sich so eine schöne und vielleicht auch lustige Zeit bereiten.

Sie wollen in Kürze Übungen ins Internet stellen. Was planen Sie da genau?
 
Wegen der Coronakrise haben wir unsere Praxis inzwischen geschlossen. Es gibt aber viele Patienten, die sind am Rücken oder am Knie operiert worden und müssen unbedingt ihre Übungen machen. Deshalb haben wir jetzt Videos erstellt, die man sich auf unserer Homepage anschauen kann. Ab dem 23. März soll dieses Angebot noch erweitert und täglich aktualisiert werden. Geplant sind 20 Minuten-Übungen, die die Leute dann zuhause machen und für die sie nur eine Sportmatte oder, wer die nicht hat, ein Handtuch brauchen. Diese Videos können natürlich auch all diejenigen nutzen, die Spaß an einem 20-minütigen Workout haben.

Frau Naegler, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Ursula Stamm

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