Tipps gegen Antriebslosigkeit -
Draußen ist es kalt, nass und dunkel. Aber kein Grund zur Traurigkeit: Der Alltag schenkt uns eine Vielzahl von Reizen, die unserem Gehirn die exquisitesten Emotionen entlocken. Wer das Angebot zu nutzen weiß, braucht keine künstlichen Drogen. Ein Verzeichnis natürlicher Rauschmittel.
SCHOKOLADE
Das Lager der Wissenschaftler ist gespalten. Machen die einen den relativ hohen Tryptophangehalt der Schokolade für die stimmungsaufhellende Wirkung verantwortlich, schanzen die anderen ordinärem Zucker diese Kraft zu. Tatsache ist: Schokolade enthält Stoffe mit glücklich machender Wirkung: Anandamid, Phenylethylamin, Theobromin und Tryptophan. Die Aminosäure Tryptophan ist der Vorläufer des Glückshormons Serotonin. Phenylethylamin treibt den Serotoninspiegel in die Höhe. Anandamid hat einen berauschenden Effekt; es wirkt an den gleichen Rezeptoren wie die Cannabiswirkstoffe. Theobromin ist ähnlich aufgebaut wie Koffein, wirkt aber schwächer.
All diese Drogen sind allerdings in so geringen Mengen vorhanden, dass wir 200 bis 300 Tafeln auf einmal essen müssten, um uns an Schokolade zu berauschen. Schokolade enthält aber auch Milchzucker und Fette. Zucker wiederum stimuliert die Herstellung von Insulin, Insulin steigert den Tryptophanstoffwechsel im Gehirn, Tryptophan wird in Serotonin umgewandelt und das steigert unsere Stimmung. Den gleichen Effekt haben übrigens auch reifes Obst und exotische Früchte mit hohem Zuckergehalt wie Ananas und Papaya.
STREICHELEINHEITEN
Zärtliches Streicheln, ein liebevoller Kuss in den Nacken, eine sanfte Massage. Die sachte Berührung des geliebten Partners streichelt nicht nur unsere Haut, sondern auch unser Gemüt. Schon im Mutterleib genießt das Ungeborene die streichelnden Hände der Eltern; die Kleinen werden durch die Berührungen merklich ruhiger. Wie der Anthropologe Ashley Montague festgestellt hat, hängen Wachstum und die gesunde Entwicklung eines Menschen auch nach der Geburt weitgehend von den Berührungen der Haut ab. Bei Berührung wird ein regelrechter Hormoncocktail bestehend aus Dopamin, Oxytocin und Endorphinen im Gehirn zubereitet und in die Blutbahnen ausgeschüttet. Diese Botenstoffe wirken aktivierend im zentralen Nervensystem. Sie verschaffen uns ein wohliges, ein glückliches Gefühl.
Wie Streicheln schöne Gefühle auslöst, haben schwedische Forscher vor etwa zehn Jahren entdeckt: Nervenzellen in der Haut leiten die Streicheleinheiten in das Gefühlszentrum des Gehirns. Dieses exklusive Nervennetz spricht dabei besonders stark auf langsame Bewegungen an. Auf schnelle und abrupte Berührungen und auf Vibrationen reagieren die so genannten C-Faser-Nerven hingegen nicht.
SEX
Aus biologischer Sicht lösen sich viele romantische Schleier rasch auf, mit denen das Phänomen Liebe umwoben wird. Übrig bleibt zunächst eines: die sexuelle Lust. Also das, was wie Speis und Trank überlebenswichtig für die Art ist. Dabei ist die Biologie keineswegs so unromantisch, wie man meinen möchte: Während des Geschlechtsaktes werden Botenstoffe ausgeschüttet, die helfen, die Bindung zwischen den Partnern zu etablieren und aufrechtzuerhalten. Nach den Untersuchungen des Neurologen Gareth Leng von der University of Edinburgh spielt dabei das Hormon Oxytocin eine wesentliche Rolle, denn es kann eine permanente Verbindung zwischen Liebenden schaffen. Beim Orgasmus wird es in rauen Mengen ausgeschüttet. Auch Vasopressin ist beim Liebesakt dabei: Der Botenstoff gilt als Substanz, die die körpereigene Belohnungsreaktion im Gehirn anstößt.
HAUSTIERE
In jedem dritten deutschen Haushalt lebt ein Tier, am beliebtesten sind Hund und Katze. 22,3 Millionen Miezis und Hassos sind es insgesamt, Fische und Terrarientiere noch nicht mitgezählt. Die treuen Begleiter tun der Seele wohl und damit auch dem Körper. Eine Studie der State University of New York in Buffalo (NY) ergab, dass Menschen, die experimentell unter Stress gesetzt wurden, körperlich weniger stark darauf reagierten, wenn das Haustier dabei war.
Menschen mit Haustier gehen seltener zum Arzt und nehmen weniger Medikamente. Der Umgang senkt Herzfrequenz und Blutdruck, wirkt entspannend und verbessert ihre Atemfunktion. Zudem schüttet ihr Körper statt des Stresshormons Cortisol mehr körpereigene Endorphine aus, die für wohlige Gefühle sorgen. So schafft das Zusammensein mit dem Haustier Glücksmomente und wirkt sich positiv auf die Lebenseinstellung aus. Vor allem Hundebesitzer könnten zudem vor Herz-Kreislauf-Erkrankungen gefeit sein. Denn: Ihr Liebling muss regelmäßig an die frische Luft, der tägliche Spaziergang aber kommt auch Herrchen zugute.
MUSIK
Stimmungsvolle Songs aktivieren scheinbar die gleichen Hirnregionen wie andere Lustreize, beispielsweise sexuelle Lust. Grund dafür könnte das sogenannte Assoziationslernen sein: Wir sehen voraus, dass auf einen bestimmten Reiz ein zweiter folgt, der positive Gefühle bringt. Das Glücksgefühl, das uns ein gutes klassisches Konzert beschert, erleben wir so bereits, wenn wir vor dem Beginn der Oper die Stufen zum Rang hinaufgehen oder die Lieblings-CD aus der Hülle nehmen.
Außerdem verschafft schöne Musik Studien zufolge bei vielen Hörern körperliche Phänomene wie einen angenehmen Schauer, der den Rücken hinunter läuft. Durch Aufnahmen des Gehirns konnten Wissenschaftler beweisen, dass dabei das Belohnungszentrum im Gehirn aktiviert wird. Damit das Gefühl auftritt, sei jedoch wichtig, welche Musik abgespielt wird: Das Stück müsse langsam und mit nur einem Instrument beginnen. Nach einer kurzen Pause stimmten dann zwei oder drei weitere Instrumente oder ein Orchester ein, so dass ein starker Kontrast in Klangfarbe und Lautstärke entstehe.
SPORTLICHE AKTIVITÄTEN
Jeder Jogger kennt das Phänomen: Hat er sich erst aufgerafft und zu der körperlichen Anstrengung durchgerungen, fühlt er sich glücklich und frei, so als könne er stundenlang weiterlaufen. Grund: Die Bewegung setzt Serotonin und euphorisierende Endorphine frei. Die Botenstoffe schaffen Glücksgefühle, hellen depressive Stimmungslagen auf, steigern das Selbstwertgefühl und die gute Laune. Nicht umsonst raten Psychologen und Psychiater in schwermütigen Phasen zu Bewegung und körperlicher Anstrengung.
Darüber hinaus wirkt Sport direkt auf das Gehirn: Bewegung lässt Nervenzellen wachsen und regt deren Neubildung an, Stresshormone werden schneller abgebaut. Das stärkt den Kreislauf und verbessert die Durchblutung. Laufen vermittelt durch die rhythmische Bewegung außerdem eine stark "meditative Erfahrung“. Der Sportler konzentriert sich auf seine Atmung, er nimmt seine Umgebung bewusst wahr, erfreut sich an einer schneebedeckten Wiese, einer blühenden Mohnblume, dem Geruch des frisch gemähten Grases. So wirkt Alltagsstress weniger erschöpfend, wir sehen die Probleme klarer und können leichter Prioritäten setzen.
Text: Beate Wagner