Paar wartet auf einer Bank am Flughafen (Quelle: imago/Thorge Huter)
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Streit vermeiden und Konflikte lösen - Wenn es im Urlaub kracht

Wochenlang freut man sich auf den Urlaub und dann das: Streit. Darüber, ob man zu einer Frühwanderung aufbricht oder erst mal ausschläft. Dazu der Sohn, der permanent auf sein Smartphone starrt und zu gar nichts Lust hat. 24/7 Zusammensein - das sind weder Paare noch Familien im Alltag gewohnt. Da kann die Erholung schon mal zur Herausforderung werden.

Die Vorbereitung

Vom Alltag gleich ungebremst in den Urlaub, das funktioniert nicht. Wer es einrichten kann, sollte sich schon einige Tage vor Urlaubsbeginn frei nehmen. Nicht nur für das Kofferpacken, sondern gern auch für das gemeinsame Stöbern in Reiseführern und Landkarten. Auch ein besonders schön gestaltetes Abendessen - ob zu zweit oder als Familie – lässt uns Umschalten: vom Alltagsstress in den Erholungsmodus.

Das Reiseziel

Die bewusste Wahl des Reiseziels kann wesentlich dazu beitragen, dass ein Urlaub gelingt und wenig Streitpotenzial entsteht. Denn: Nicht alle Familienmitglieder oder Paare wolle das gleiche. Der eine liebt es in den Bergen zu klettern, die andere möchte Surfen lernen. Die eine liebt Kultur und kann Tage in Museen verbringen, der andere möchte lieber den ganzen Tag am Strand liegen. Und, Kinder haben wieder ganz andere Bedürfnisse. Das alles unter einen Hut zu bringen ist nicht immer möglich. Aber man sollte das Reiseziel so aussuchen, dass jeder einmal die Gelegenheit hat, das zu tun, was er oder sie gern möchte. Und, man sollte vor der Reisebuchung darüber sprechen, was jeder machen möchte und wie er sich den Urlaub vorstellt.

Erwartungen runterschrauben

24/7 Zusammensein, das sind weder Paare noch Familien im Alltag gewohnt. Jeder hat seine Verpflichtungen, man verbringt vielleicht noch ein oder zwei Mahlzeiten am Tag gemeinsam. Paare sprechen über die Alltagsorganisation, aber wenig darüber, was sie persönlich bewegt. Da wundert es nicht, dass im Urlaub Sprachlosigkeit, Missverständnisse, aber auch Streit entstehen. Dagegen hilft: Erwartungen runterschrauben. "Überhöhte Erwartungshaltungen und Ansprüche lassen in Gedanken oft einen Urlaub entstehen, der in der Realität kaum zu verwirklichen ist", weiß Ulrike Fuchs, Heilpraktikerin für Psychotherapie und Coach. Also sich lieber etwas Zeit lassen und schauen, was möglich ist. Auch Familien oder Paare, die jeden Tag zusammen leben, müssen sich im Urlaub erstmal wieder neu aufeinander einlassen.

Ohne Kompromisse geht es nicht

Kompromisse sind wichtig im Alltag. Im Urlaub, wo man deutlich mehr Zeit miteinander verbringt, erst recht. Voraussetzung: ich muss vorher klären, wer welche Vorstellung vom Urlaub hat und wie die verwirklicht werden soll. Dann kann man zum Beispiel ganz praktisch festlegen, dass jeder abwechselnd einen Tag bestimmen darf, was unternommen wird. Oder ein Jahr entscheiden die Eltern, wo es hingeht und im nächsten Jahr die Kinder.

Dabei sollte man aber realistisch bleiben. Mit kleinen Kindern eine Städtetour machen zu wollen oder mit pubertierenden Kindern einen Wanderurlaub, kann zu viel Kompromissbereitschaft erfordern. Und "faule" Kompromisse rächen sich am Ende. Vor allem dann, wenn etwas nicht so läuft, wie geplant. Gerade wenn viele verschiedene Interessen unter einen Hut gebracht werden sollen, kann es hilfreich sein, nach der Hälfte des Urlaubs eine Zwischenbilanz zu ziehen, rät Diplom-Psychologin Lisa Fischbach. "So vermeiden sie, dass einer aus Harmoniegründen Konflikte verschweigt oder nach dem Urlaub Vorwürfe auf den Tisch kommen."

Wenn es dann doch mal kracht

Zunächst mal: kein schlechtes Gewissen haben. Zwei Drittel aller Paare streiten sich im Urlaub, sagen die Statistiken. Wenn man plötzlich mehr Zeit miteinander verbringt als gewohnt, gibt es einfach mehr Gelegenheit, sich zu streiten. Außerdem läuft im Urlaub nicht immer alles wie geplant. Sonnenbrand oder Durchfall, liegen gebliebene Busse oder die Baustelle am Hotel, das zehrt an den Nerven.

Nicht immer kann man einen Streit sofort schlichten. "Während eines hochemotionalen Streits kommt man kaum zu einer konstruktiven Lösung", sagt Familientherapeut Martin Solty. Dann "ist es besser sich erst mal zurückzuziehen und zu beruhigen". Vor allem für Kinder ist es belastend, wenn die Eltern sich vor ihren Augen streiten. Nach einer Phase des Rückzugs gelingt es oft leichter, den Streit zu schlichten oder festzustellen, dass alles gar nicht so schlimm ist.

Auch mal was alleine machen

Wie im wirklichen Leben, kann es auch im Urlaub sinnvoll sein, wenn man nicht alles gemeinsam macht. Vor allem dann, wenn die Vorstellungen von Erholung und Aktivität im Urlaub stark auseinandergehen. "Oft entstehen Streitigkeiten aber auch aus einem unterschiedlichen Nähe-Distanz-Bedürfnis", sagt Diplom-Psychologin Lisa Fischbach. Das ist ein Thema, das die meisten Paare mit dem heimischen "Gepäck" an den Urlaubsort mitgebracht haben. Der Urlaub kann eine Chance sein, sich darüber neu auszutauschen und einfach mal ein anderes Umgehen mit diesem Thema auszuprobieren.

Urlaub vom Smartphone

Bei der Autofahrt zum Urlaubsort ist es ja noch ganz praktisch: Der Nachwuchs sitzt stundenlang still auf der Rückbank, in den Gesichtern spiegeln sich lediglich die schnell wechselnden Inhalte des Smartphone-Bildschirms. Doch wenn es am Urlaubsort so weiter geht, fragen sich Eltern schnell, warum man 2.000 Kilometer gefahren ist, damit sich alle mit dem Smartphone in der Hand anschweigen. Hier gilt: Was man im Alltag vielleicht nicht geschafft hat, sollte man im Urlaub neu versuchen: verbindliche Zeiten für die Handynutzung verabreden und sich auch selbst daran halten.

Das liebe Geld

Beim Geld hört ja bekanntermaßen die Freundschaft auf. Und manchmal auch die Urlaubsharmonie. Gerade wenn man Zeit hat und in schönen Läden flanieren kann, kommen Begehrlichkeiten auf - die nicht immer vom Partner akzeptiert werden. Je nachdem ob es sich um ein neues Paar Schuhe oder den 20 Jahre alten Wein handelt. "Da hilft es, vorher festzulegen wie viel Geld man im Urlaub ausgeben will", rät Ulrike Fuchs, Heilpraktikerin für Psychotherapie, "und abzusprechen welcher Betrag jedem zur alleinigen Verfügung zusteht".

Beitrag von Ursula Stamm

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