Krähen auf Müllcontainer im Lustgarten in Berlin-Mitte (Quelle: imago/Hohlfeld)
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Fakt oder Vorurteil? - Krähen - ansteckende Stadtbewohner?

Sie sind laut, hoch intelligent und in Berlin und Brandenburg nicht zu übersehen: Krähen. Besonders die schwarz-graue Nebelkrähe kann man an jeder Ecke treffen. Mit ihrer vorwitzigen Art sorgen die Vögel oft für lustige Szenen, aber die Allesfresser können unserer Gesundheit auch richtig gefährlich werden. Die rbb Praxis informiert.

Noch immer werden vor allem Tauben als Ratten der Lüfte bezeichnet - sie sind grau, wirken manchmal irgendwie schmutzig und ihre Kopfbewegungen sind befremdlich für viele Menschen. Doch gefährlich für die Gesundheit sind sie nicht. Der Grund: Sie ernähren sich (bis auf Notsituationen) vegetarisch. Anders sieht das bei ihren fernen Verwandten, den Krähen, aus. Die sind Allesfresser, jagen kleinere Tiere wie Mäuse, junge Enten oder Tauben und sie fressen vor allem auch Aas - oft ein Herd für Keime, die auch dem Menschen gefährlich werden können.

Schätzungen gehen davon aus, dass es in Berlin und Brandenburg 20.000-30.000 Nebelkrähen-Brutpaare gibt - und die sind erfolgreich. Im Herbst und Winter werden noch Schwärme von großen schwarzen Saatkrähen dazu kommen - sie überwintern besonders gerne in der Region.

Krähenkot - gefährlich auch für Menschen?

Weil Krähen auch Fleisch und Aas fressen, ist ihr Kot aggressiver, als der von "vegetarischen" Vögeln - für die Gesundheit spielt das aber nur am Rand eine Rolle: Auf der Haut richtet der Kot erst einmal keinen Schaden an - wer also z.B. im Park eine unschöne Überraschung von oben abbekommt, muss sich keine Sorgen machen. Wichtig ist allerdings besonders bei Kindern darauf zu achten, dass diese nicht mit Krähenkot in Berührung kommen, bzw. sich danach sofort die Hände waschen, denn die Verdauung der Krähe überleben einige Bakterien und Viren problemlos und können sich weiter verbreiten - wenn sie in den menschlichen Mund gelangen. Klassisch gehören dazu zum Beispiel die Salmonellen, aber auch Chlamydien überleben sozusagen die Krähe und gehören zu den Zoonosen, also Krankheiten, die vom Tier auf den Menschen und umgekehrt übertragen werden können. Im Fall der Chlamydien lösen diese eine Ornithose, auch Papageienkrankheit genannt, aus. Die Folgen sind meist Durchfall, Müdigkeit und weitere Erkältungssymptome.
 
Normalerweise kommt ein erwachsener Mensch äußerst selten in einen so direkten Kontakt mit Krähenkot, dass dieser unabsichtlich oral aufgenommen wird. Besonders aber bei Kindern und auch Haustieren sollten sie auf Hygiene achten - schließlich wäscht sich der beste Freund des Menschen nach dem Spaziergang selten die Schnauze, bevor er Herrchen durchs Gesicht schleckt.

Weite Flieger, weite Verbreitung

Wie weit die Infektionsgefahr im allerschlimmsten Fall gehen kann, fanden 2012 US-amerikanische Wissenschaftler in einem Experiment heraus: Sie gaben Krähen mit Prionen infizierte Mäuse zu essen und überprüften dann, ob diese fehlgebildeten Eiweiße den Verdauungstrakt von Krähen überleben können - mit positivem Ergebnis. Was der Krähe nichts ausmacht, kann beim Menschen hirnzerstörende Wirkung entfalten: Prionen gelten als Ursache für die Creutzfeldt-Jakob-Krankheit, eine übertragbare spongiforme Enzephalopathie. Bei Tieren verursachen sie BSE, oft Rinderwahn genannt. Da insbesondere Saatkrähen weite Strecken von bis zu 80 Kilometern täglich überfliegen, gehen die Forscher davon aus, dass sie daran beteiligt sein könnten, die Krankheit zu verbreiten. Auf dem Boden könnten Prionen aus dem Krähenkot dann bis zu zwei Jahren überleben.

Wenn die Krähe 'handgreiflich' wird

Krähen tun gerne, was die meisten intelligenten Tierarten lieben: Sie spielen. Man trifft sich in der Gruppe, testet sein Können und zeigt den anderen seine Tricks. Nicht selten kommt es da auch zu „derben Späßen“, die richtig teuer werden können. So zerstörten Krähen binnen zehn Jahren schätzungsweise schon 100 Scheiben am Berliner Hauptbahnhof - mal mit Schrauben und anderen Wurfgeschossen, mal pickten sie die Silikondichtungen aus den Fensterzwischenräumen. Eine andere Bande Krähen wurde ebenfalls mit Wurfgeschossen 2013 bekannt - sie warfen Kies vom Radisson-Hotel in Berlin-Mitte auf das darunter liegende Glasdach und brachten auch hier die Scheiben zum Bruch.
 
Direkt wird das für den Menschen selten zur Gefahr, doch immer wieder kommt es auch zu ganz konkreten Angriffen von Krähen auf Menschen - nämlich dann, wenn die Krähen im Frühjahr brüten. Besonders kleine Kinder können schnell zum Ziel werden, denn sie bemerken oft gar nicht, dass sie sich einer Brutstelle genährt haben oder finden die hüpfenden Vögel einfach spannend. Auch an Futterquellen für die Tiere, zum Beispiel in Parks, an Mülleimern, kann es zu gefährlichen Missverständnissen kommen: Kämpft die Krähe um Brut oder Futter, hakt sie mit dem Schnabel auf den vermeintlichen Gegner ein. Da Krähen nicht nur mit Müll, sondern als Aasfresser auch mit Tierleichen in Kontakt kommen, müssen Wunden nach einer Krähenbehandlung unbedingt medizinisch richtig versorgt und vor allem desinfiziert werden. Tote Tiere können zur Untersuchung auch beim jeweiligen Veterinärsamt abgegeben werden, um sie auf Krankheiten untersuchen zu lassen.

Beitrag von Lucia Hennerici

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