Wie fährt man den Körper hoch und verschafft sich Reserven in den Akkus für mehr Körperenergie im Alltag? Hier gibt es Bewegungstipps für mehr Power.

Manchmal kann man sich auch bei Haustieren wirksame Routinen abgucken, findet Physiotherapeutin Gefa Naegler aus Berlin-Wilmersdorf: "Wenn man sich Hunde und Katzen anschaut - wie die sich recken und strecken, wenn sie aufwachen. Das sind eben diese endgradigen Bewegungen in der Wirbelsäule, in den Gelenken - die machen den Körper wach. [Das kann man nachahmen], indem man die Arme nach vorne streckt, den Hintern nach oben nimmt und sich dann mal so richtig ausstreckt."

Das sind große Bewegungen, bei denen der gesamte Bewegungswinkel der Gelenke ausgenutzt wird. Die Bewegung des Knorpels sorgt einerseits am Ende für die bessere Versorgung des Gelenkes mit Nährstoffen und andererseits sorgt das Zusammenspiel mit den Nerven des Rückenmarks für einen belebenden Effekt, so Gefa Naegler. "Das heißt eigentlich morgens zum Start in den Tag alle Gelenke mal bewegen, dann kriegt man den Körper einfach richtig hochgefahren", rät die Physiotherapeutin.

Außerdem werde die Brustwirbelsäule oft unterschätzt, sagt Gefa Naegler - hier verlaufen Nervenstränge aus dem Rückenmark, die Darm, Herz und viele andere Organe beeinflussen können - darum sei es wichtig die Brustwirbelsäule zu aktivieren: "Der Klassiker ist einfach: Beim Einatmen die gestreckten Arme nach oben nehmen, tief einatmen und dann mit der Ausatmung die Arme seitlich wieder fallen lassen. Damit habe ich zwei positive Aspekte: einmal die Streckung der Brustwirbelsäule, und ich habe über das tiefe Einatmen einen aktivierenden positiven Einfluss des Zwerchfells auf den Darm."

Körpersignale beeinflussen unseren Energiehaushalt - was banal klingt, hat für den Arbeitsalltag große Wirkung, denn langes Sitzen oder Stehen vor dem Bildschirm, wenn auch konzentriert, macht auf Dauer träge und ermüdet. Kleine Pausen können dann auch den Kopf wachrütteln - zum Beispiel mal einen Song lang kurz "freitanzen". Wer nur 3-5 Minuten mal alles gibt, rüttelt das Herz-Kreislauf-System wach, sorgt für bessere Durchblutung und Sauerstoffversorgung im ganzen Körper.

Gerade wenn es stressig wird, fehlen oft Zeit und Motivation für Bewegung im Alltag. Ein Trick hilft: Die Challenge. Stellen Sie sich täglich kleine Herausforderungen, die nur wenige Minuten dauern (mehr geht ja immer). Zum Beispiel: den Gang ins Bad rückwärts gehen, eine Treppe extra joggen oder die Türschwelle per Hüpfer überwinden und dabei den oberen Türrahmen abklatschen. Solche Herausforderungen machen übrigens auch mit Familie oder Freunden Laune - und man versackt weniger leicht beim Familientreffen auf der Couch.

Was dem Körper gut tut, muss nicht immer die Doppelstunde Fitnessstudio sein - im Gegenteil: große internationale Studien konnten in den letzten Jahren zeigen, dass gerade langes Sitzen im Alltag Gesundheitsrisiken birgt, z.B. Fettleber, Bluthochdruck oder Herz-Kreislauf-Erkrankungen begünstigt. Eine Studie aus Korea kam sogar explizit zu dem Schluss: Je mehr Zeit Probanden im Sitzen verbrachten, desto größer ist ihr Risiko unabhängig vom Übergewicht und davon, ob sie Sport machten oder nicht. Kurz: Man kann nicht alles durch intensive Sportstunden aufholen. Also: "Kleine Gänge" nutzen ...

... zum Beispiel die Treppe, statt des Aufzuges. Oder man baut sich kleine Routinen in den Alltag - vor dem Homeoffice erstmal eine Runde um den Block zu gehen oder eine Extraschleife bis zum Ende der Straße, wenn man den Müll rausbringt. Bis der Wasserkocher fertig ist, kann man ruhig mal eine Runde tanzen oder mal langsam auf allen Vieren das Wohnzimmer durchqueren, wobei immer eine Hand und ein Fuß den Boden berühren dürfen - Sie machen die Regeln! Und je ungewöhnlicher die Bewegung, desto mehr kaum benutzte Muskelgruppen dürfen mitspielen.

Das Gehirn gewinnt über die Sinneseindrücke eine Einschätzung von der Lage des Körpers im Raum und dessen Zustand - darauf basieren auch die Berechnungen für Bewegungsabläufe, selbst für kleinste Tiefenmuskeln, die wir bewusst nicht ansteuern können. Die "Datenlage" des Gehirns ist deshalb Ansatz für das neurozentrierte Training - wenn man sie optimiert, klappt auch Bewegung besser, z.B. schmerzfreier, schneller oder einfach runder. Das kann man sich auch für ein energetisches, gutes Körpergefühl zu nutze machen ...

... denn wenn man tägliche Bewegungen einfach mal anders macht, als sonst, hat das einen Trainingseffekt für Körper und Hirn, sagt Orthopädin und Sportmedizinerin Dr. Margrit Lock aus Berlin-Friedenau: "Man kann z.B. das Fahrrad einfach mal auf der anderen Seite schieben oder auf die Leiter mit dem schwachen Fuß zuerst steigen - das hat einen Trainingseffekt und der Körper wird einfach vielfältiger ausgebildet. Das heißt, auch wenn dann irgendetwas in den Bewegungsmöglichkeiten mal 'ausfällt', kann der Körper viel besser auf andere Reserven zurückgreifen. Ich habe mehr Werkzeuge, um irgendeine Aufgabe zu lösen."