Arzt und Patient im Gespräch (Quelle: colourbox.de)
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Hilfe bei psychischen Erkrankungen - Psychotherapie 2018: Welche Hilfen gibt es?

Etwa jede zweite Frau und jeden dritten Mann in Deutschland trifft es mindestens einmal im Leben: psychische Problemen. Oft beginnt dann eine lange Suche nach professioneller Hilfe - für eine Psychotherapie. Wer sie anbieten darf, ist streng geregelt: Psychiater und Psychotherapeuten sind Ansprechpartner, aber auch andere dürfen psychische Hilfe leisten.

Etwa eine Million Menschen pro Jahr begeben sich allein in ambulante Psychotherapie. Der Bedarf ist groß und in den vergangenen Jahren gewachsen. Das bedeutet oft lange Wartezeiten: In Berlin betragen die statistisch gesehen rund sieben Wochen bis zum Erstgespräch und gut 15 Wochen für einen Therapieplatz. Vor allem auf eine Verhaltenstherapie warten Patienten lange. Viele suchen intensiv nach dem richtigen Helfer, aber wer darf in Deutschland eigentlich eine Psychotherapie durchführen? Und welche Qualifikation steckt dahinter?

Klar ist: Wer in Deutschland eine Psychotherapie anbieten und durchführen will, braucht eine Zulassung. Die Voraussetzungen dafür sind vor allem im Psychotherapeutengesetz (PsychThG) festgeschrieben, aber auch nach dem Heilpraktikergesetz (HeilprG) z.B. ist so eine entsprechende Zulassung möglich. Und: Die Regeln für Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten sind etwas anders als die für Psychotherapeuten, die Patienten jeden Alters behandeln dürfen.

Der Klassiker: Psychiater

Im Volksmund heißt es oft: Psychiater und Psychologen unterschieden sich dadurch, das der eine auch mit Medikamenten behandeln dürfe, der andere dagegen nur mit Worten. Richtig ist daran lediglich, dass Psychiater tatsächlich auch Medikamente verschreiben dürfen.

Der Grund ist einfach: Wer zu dieser Berufsgruppe gehört, hat eine komplette medizinische Hochschulausbildung abgeschlossen und im Anschluss den Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie gemacht. Als zugelassener Arzt mit dieser Ausbildung darf der Psychiater dann auch Psychotherapien anbieten. Voraussetzung: Eine gültige Approbation, also Zulassung, normalerweise durch die Behörde, bei der auch das Staatsexamen abgelegt wurde. Hat ein Psychiater auch eine kassenärztliche Zulassung, werden die Behandlungen bei ihr oder ihm in der Regel auch problemlos von der Krankenkasse übernommen.

Der Facharzt für Psychosomatische Medizin & Psychotherapie

Früher wurden diese Fachärzte häufiger auch einfach "Psychosomatiker" genannt, bis 2003 lautete der offizielle Titel "Facharzt für Psychotherapeutische Medizin", heute Facharzt für Psychosomatische Medizin & Psychotherapie. Auch hinter dieser Gruppe stecken, wie beim Psychiater, voll ausgebildete Mediziner, die nach dem Studium eine fünfjährige Facharztausbildung abgeschlossen haben. Dazu gehört eine intensive Ausbildung in Psychotherapietechniken und in Psychiatrie, zudem sind diese Fachärzte auch darin geschult, Zusammenhänge zwischen körperlichen Symptomen und psychischen Ursachen zu erkennen (Psychosomatik. Ebenfalls gehört u.a. die Traumatherapie zur Ausbildung.
 
Die Voraussetzung dafür, Psychotherapie anzubieten, ist auch hier die gültige Zulassung. Heute arbeiten laut Bundesärztekammer etwa die Hälfte der Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie ambulant, die andere stationär. Hat der Facharzt eine kassenärztliche Zulassung, werden auch hier die Therapiekosten von der Krankenkasse übernommen. Zusammen mit der Berufsgruppe der Psychiater bilden die Fachärzte für Psychosomatische Medizin und Psychotherapie den Kern der ärztlichen psychotherapeutischen Versorgung in Deutschland.

Der Psychologische Psychotherapeut (PP)

Wer Psychologie studiert, kann mit dem Abschluss viele interessante Aufgaben übernehmen - aber er oder sie darf keine Psychotherapie anbieten, es sei denn, die Weiterbildung zum "Psychologischen Psychotherapeuten" (oder die zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten) kann nachgewiesen werden. Das regelt das Psychotherapeutengesetz, das 1999 in Kraft trat. Vorher übernahm die gesetzliche Krankenkasse (bis auf die Ausnahme Techniker Krankenkasse) die Behandlung nur, wenn sie von einem Psychiater, also einem Arzt, durchgeführt wurde.

Wer Psychologischer Psychotherapeut werden - und also Psychotherapie anbieten möchte - der muss nach seinem Studium die besondere Ausbildung dazu machen - sie umfasst in der Regel rund 300 Theorie- und gut 4.000 Praxisstunden auf verschiedenen Gebieten. Das Wissen kann entweder in einer dreijährigen Vollzeitausbildung oder in einer fünfjährigen Teilzeitausbildung erworben werden. Währenddessen darf das Kürzel "PiA" geführt werden, also Psychotherapeut in Ausbildung - für Patienten interessant, denn unter Umständen kann auch ein solcher Therapeut in Ausbildung schon Behandlungen durchführen, zum Beispiel unter Anleitung (Supervision) am Ende der Ausbildungszeit. Wer am Schluss eine Approbation als Psychologischer Psychotherapeut erhält, darf Therapien dieser Art durchführen, zum Beispiel in einer Praxis. Viele Psychologische Psychotherapeuten haben auch eine Kassenzulassung - auch hier werden die Behandlungskosten also übernommen.

Auch (Sozial-) Pädagogen können Psychotherapie anbieten

Nicht nur Psychologen können eine Form der Zulassung für Psychotherapie erhalten. Wenn es um die Kinder- und Jugendlichenpsychotherapie geht, gilt das auch für (Sozial-) Pädagogen. In manchen Bundesländern ist das auch möglich, wenn man z.B. auf Lehramt studiert hat. Die Ausbildung zum Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten umfasst insgesamt etwa 3.000 Stunden, davon müssen zum Beispiel 1.200 an einer psychiatrischen klinischen Einrichtung erfolgen.
 
Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten dürfen, bis auf wenige Ausnahmen, nur Menschen unter 21. Jahren behandeln. Eine solche Ausnahme kann zum Beispiel dann bestehen, wenn der Patient vor dem 21. Lebensjahr schon in Therapie war und deren Dauer sozusagen über den Geburtstag hinaus geht. Am Ende der Spezialausbildung steht - wie auch beim Psychologischen Psychotherapeuten - eine Abschlussprüfung. Kinder- und Jugendlichenpsychotherapeuten können in der Regel auch problemlos eine Kassenzulassung erhalten - ihre Behandlungskosten werden dann übernommen. 

Heilpraktiker mit besonderer Zulassung

Nach einer besonderen Prüfung können auch Heilpraktiker Psychotherapien in beschränktem Umfang anbieten, das regelt das Heilpraktikergesetz. Beim Gesundheitsamt müssen dazu bestimmte Nachweise erbracht werden in einer schriftlichen und mündlichen Prüfung. Es gibt keine einheitliche Ausbildung, aber um die Prüfung zu bestehen, bieten Heilpraktikerschulen und Fernschulen Kurse an.
 
Wichtig dabei: Wer die Prüfung besteht, darf sich deshalb trotzdem nicht Psychotherapeut nennen, denn dieser Begriff ist geschützt. Was dann auf dem Türschild eines solchen für Psychotherapie zugelassenen Heilpraktikers steht, ist deshalb deutschlandweit sehr unterschiedlich. Am gängigsten und rechtlich (nach herrschender juristischer Meinung) zulässig sind die folgenden Bezeichnungen:
- Praxis für Psychotherapie (nach dem Heilpraktikergesetz) - Psychotherapie (gem. Heilpraktikergesetz) - Heilpraktiker (eingeschränkt für den Bereich Psychotherapie) - Heilpraktiker (Psychotherapie) - Psychotherapeutischer Heilpraktiker - psychologischer Berater (HeilprG) Wichtig: Heilpraktiker, die Psychotherapien anbieten, haben keine einheitliche Ausbildung erhalten - bei der Prüfung wird nur ein Mindestmaß an Grundlagenwissen überprüft. In freier Praxis können ihre Behandlungen in der Regel nicht über die Krankenkassen abgerechnet werden. 

Psychologische Hilfe zu Hause

Seit dem 1. Januar 2018 können psychisch Kranke auch zu Hause behandelt werden. Eine Möglichkeit: Das "Flexible Team" des Vivantes Klinikum Berlin-Neukölln, bestehend aus einem Facharzt für Psychiatrie und Psychotherapie, Pflegern und z.B. auch einem Ergotherapeuten. Das Vivantes-Team bietet in Zusammenarbeit mit der DAK Gesundheit "stationsersetzende Behandlungsmöglichkeiten" an und richtet sich an Menschen mit psychischen Erkrankungen in Krisensituationen. Ziel ist es, möglichst schnell zu helfen und Klinikaufenthalte zu vermeiden. Außerdem kann das mobile Team Familien und Bezugspersonen in die psychische Hilfe mit einbeziehen und bei der Rückkehr in die häusliche Umgebung nach einer Therapie unterstützen. Hier finden Sie alle Infos zum Team als pdf-Flyer.

Was genau zahlen die Krankenkassen?

Die gesetzlichen Krankenkassen zahlen in der Regel Behandlungen von psychischen Störungen, die einen "Krankheitswert" haben, also allgemein die Gesundheit des Betroffenen gefährden können. Das sind beispielsweise: Angststörungen, Depressionen, Essstörungen, Süchte, Zwangs- oder Verhaltensstörungen. Die Kassen übernehmen i.d.R. die Behandlung durch einen qualifizierten Psychiater, Facharzt für Psychiotherapie oder Psychologischen Psychotherapeuten, in einigen Fällen kann auch ein Heilpraktiker mit besonderer Zulassung in Frage kommen - das ist jeweils mit der eigenen Krankenkasse zu klären. Wichtig in jedem Fall: Der Behandelnde braucht eine gültige Approbation. Gesetzlich Versicherte können pro Therapeut bis zu fünf Probesitzungen in Anspruch nehmen (Verhaltenstherapie, Tiefenpsychologisch fundierte Psychotherapie; bei der analytischen Psychotherapie sind es acht Sitzungen). Innerhalb der Probesitzungen können Patienten problemlos wechseln - alles sofern der Therapeut über eine Kassenzulassung verfügt.
 
Der Einsatz von häuslicher psychischer Hilfe wird von den Krankenkassen unterschiedlich unterstützt. Hier haben einzelne Kassen Vorstöße in verschiedene Richtungen gemacht und übernehmen individuell die Kosten, wie im Fall der DAK Gesundheit beim Flexiblen Team Neukölln.

Digitaler psychischer Beistand

  • Psychologische Software und Apps

  • Wie ratsam ist eine digitale psychische Hilfe?

  • Ist eine Kostenübernahme der Krankenkasse möglich?

Beitrag von Lucia Hennerici