Ambulante Pflegekraft misst Blutdruck bei älterem Herren (Bild: imago images/Westend61)
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Ambulante Patientenversorgung - Wie sind Pflegedienste auf das Coronavirus vorbereitet?

Knapp 600 ambulante Pflegedienste versorgen in Berlin rund 30.000 Patienten. Pro Tag haben die Mitarbeiter in der Regel Kontakt zu mindestens zehn verschiedenen Pflegebedürftigen. Würde sich in dieser Situation eine Pflegekraft mit dem Corona-Virus infizieren, wäre das eine kritische Situation. Wie gehen die ambulanten Pflegedienste in Berlin damit um? rbb Praxis hat mit Anita Karow gesprochen. Sie ist Fachbereichsleiterin für die ambulante Pflege bei den Johannitern in Berlin.

Wieviel Patientinnen und Patienten versorgen die ambulanten Pflegedienste der Johanniter in Berlin?
 
Wir versorgen rund 250 Patienten mit etwa 40 Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern. Und zwar in den Bezirken Tempelhof, Steglitz und Charlottenburg. Unsere Pflegefachkräfte haben pro Tag Kontakt zu etwa zehn Patienten. Die Pflegehelfer kommen auf deutlich mehr Kontakte, bis zu 24 am Tag.

Wie bereiten Sie sich auf einen möglichen COVID-19-Fall unter ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern vor?
 
Die Johanniter haben eine Task Force eingerichtet, ein Infektionsschutzteam, die tatsächlich auch Pläne machen, was passiert, wenn der "worst case" eintrifft, wenn wir wirklich eine Pandemie haben. Dort wird überlegt, welche Abteilungen könnten wir im Notfall schließen? Welche müssen wir unbedingt offen halten? Wo können Mitarbeiter vielleicht auch von dem einen in den anderen Bereich versetzt werden, um dort auszuhelfen, wo es ganz dringend notwendig ist? Da geht es bei der Johanniter Unfallhilfe vor allem um den Rettungsdienst und auch um den Hausnotruf, denn das sind Bereich die können wir auch im schlimmsten Fall nicht dicht machen und die Mitarbeitern nach Hause schicken.

Machen Ihre Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter derzeit etwas anders, wenn sie zu den Patienten gehen?
 
Sie achten im Moment besonders auf Hygieneregeln, vor allem eine gute Händehygiene. Aber auf diese Hygieneregeln sind wir nicht nur jetzt ganz besonders angewiesen, sondern das ganze Jahr über. Es gibt immer eine Ansteckungsgefahr. Wir arbeiten mit Menschen, die besonders gefährdet sind. Von daher ist da ein hohes Bewusstsein.

Sind Angehörige und Patient*innen gerade besonders besorgt?
 
Wir haben tatsächlich einige Bedenken bei Angehörigen von Tagespflegegästen, die sagen: Solange die Situation so ist, wie sie ist, lassen wir die Tagespflegegäste zuhause, die kommen erstmal nicht in die Tagespflege.
 
Aber wir haben in der ambulanten Pflege jetzt noch keine Absagen von Einsätzen, aufgrund von Ängsten. Wir haben viele Patienten, die nicht sehr mobil sind und die wenig Außenkontakte haben und für die deshalb die Sorge auch gar nicht so groß ist. Für die ist das im Moment vielleicht eher noch ein Gesprächsthema, aber weniger die Angst, selbst betroffen zu sein.

Haben Sie derzeit noch genügend Schutzkleidung und Desinfektionsmittel für Ihre Mitarbeiter?
 
Wir haben derzeit noch ausreichend Schutzmasken und Schutzkittel, aber nicht in dem Maße, dass wir das permanent zur Verfügung stellen können und das unserer Mitarbeiter vermummt zum Patienten gehen. Und das ist glaube ich, auch nicht hilfreich in der Situation und würde nur zu mehr Verunsicherung führen.
 
Wenn wirklich eine Pandemie ausbricht, dann muss allerdings von behördlicher Seite dafür gesorgt werden, dass den Pflegeeinrichtungen, ob nun stationär oder ambulant, ausreichend Material zur Verfügung gestellt wird. Dass nicht derjenige, das Desinfektionsmittel bekommt, der als erstes "hier" ruft.

Was tun Sie, wenn sich bei einem Ihrer Patienten oder Patientinnen Symptome zeigen, die auf eine Infektion mit dem Coronavirus hinweisen?
 
Wir würden bei jedem Verdachtsfall darauf drängen, dass der Patient sich in ein Krankenhaus einweisen lässt und das abklären lässt. Wie wir damit umgehen würden, dass dann ja ein Mitarbeiter oder eine Mitarbeiterin Kontakt zu diesem Patienten hatte, ist derzeit noch nicht endgültig geklärt.

Die eine Möglichkeit wäre, dass wir alle nach Hause schicken, aber wir haben Patienten, die müssen jeden Tag versorgt werden. Da können wir nicht sagen, die sagen wir mal ab oder die nächsten zwei Wochen kommen wir nicht. Wenn jemand eine Insulinspritze braucht, dann ist das nichts was man aufschieben kann. Und das ist tatsächlich eine Sorge, die wir haben. Und das ist auch etwas, wo ich mir von behördlicher Seite auch mehr Anleitung und Information erwünsche. Denn wir können weder alle Pflegedienste zumachen, noch die Krankenhäuser, noch die Rettungsdienste.

Welche Stimmung herrscht derzeit unter Ihren Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern?
 
Wir haben wirklich ein ruhiges Personal, das ganz besonnen mit der Situation umgeht. Ich spüre da wirklich keine Form von Ängsten oder Sorgen. Die sind sensibilisiert, schützen sich sicherlich auch noch einmal mehr und desinfizieren sich zwischendurch nochmal die Hände. Aber es gibt wenig Sorgen oder gar Panik.
 
Das ist vielleicht das, was Krankenpflegepersonal auszeichnet, gerade im ambulanten Bereich. Die sind es gewohnt, in schwierigen Situationen eigenverantwortlich und auch vernünftig zu handeln. Wir bieten aber auch allen Mitarbeitern und Mitarbeiterinnen an, sich an unser Infektionsschutzteam zu wenden. Oder auch die Führungskraft tut das im Namen des Mitarbeiters, je nachdem, wem man sich da anvertrauen will, mit seinen Sorgen.
 
Wir haben ein Termin für die Grippeschutzimpfung für die Mitarbeiter in die Wege geleitet. Natürlich können wir nicht gegen Corona impfen, aber es hilft, andere Erkrankungen zu vermeiden, die vielleicht die Situation noch schlimmer machen würden.

Frau Karow, vielen Dank für das Gespräch!
Das Interview führte Ursula Stamm

Mann schläft mit Smart Watch (Quelle: imago/Panthermedia)
imago/Panthermedia

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