Nase einer Frau, die auf einer Wiese liegt (Bild: imago images/Steinach)
Bild: imago images/Steinach

Interview l Leben ohne Geruchssinn - "Ich esse sehr gerne nach Konsistenz"

Lauren Ramoser, 28 Jahre, ist Journalistin und Podcasterin. In ihrer Arbeit beschäftigt sie sich viel mit Anosmie, denn ihr fehlt selbst der Geruchssinn. Was das für ihren Alltag bedeutet, erzählt sie uns im Interview.

In welcher Situation ist dir bewusst geworden, dass du nicht riechen kannst?

Ich war so 13/14, saß in der letzten Reihe im Chemieunterricht und habe nicht richtig aufgepasst. Es wurde ein Reagenzglas herumgeben und ich habs mir direkt unter die Nase gehalten. Auf einmal haben mich alle ganz schockiert angeguckt und meine beste Freundin hat mir das Glas aus der Hand geschlagen. Danach hat die Chemielehrerin bei meiner Mutter angerufen und gesagt, dass mit mir etwas nicht stimmen kann. Daraufhin sind wir zum Arzt gegangen, der Anosmie diagnostiziert hat.

Die Gesprächspartnerin

Ist dir denn vorher nie aufgefallen, dass du nicht riechen kannst?

Im Nachhinein sind uns natürlich viele Situationen aufgefallen, auch meiner Mutter, in denen ich nicht auf Gerüche reagiert habe. Zum Beispiel saß ich mal im Wohnzimmer, sie hatte was gekocht, ich habe Fernsehen geguckt – die Küche ist nicht direkt einsehbar. Meine Mutter war kurz im Keller und als sie wieder hoch kam, war das Essen angebrannt. Sie ist dann wütend geworden, weil ich das hätte riechen können. Meine Mutter hat es dann mit jugendlicher Trotzigkeit abgetan. Dabei konnte ich nichts dafür, weil man das Anbrennen nicht gehört hat.

Hast du nach deiner Diagnose denn deinen Alltag verändert?

Ja, das hält sich auch bis heute und funktioniert ganz gut: Ich bleibe immer in der Küche stehen, wenn ich was koche. Es ist schwierig abzuschätzen, wann was anbrennt. Ich sortiere meinen Kühlschrank vor, weil man vielen Sachen nicht ansieht, wann sie nicht mehr gut sind. Ich esse die Dinge also in der Reihenfolge, in der ich sie gekauft habe.
 
Außerdem ziehe ich meine Kleidung nur einmal an, außer Hosen vielleicht. Und sonst müssen eben meine Mitbewohnerinnen, enge Freunde und Familie auch schon mal aushelfen, weil ich nicht weiß, ob ich etwas nochmal anziehen kann.

Du hast schon erwähnt, dass du keine Lustesserin bist. Ist dir Essen denn unwichtig?

Nee, also ich esse genauso gerne wie alle anderen in meinem sozialen Umfeld. Ich koche auch sehr gerne, obwohl ich nicht riechen kann und somit auch nicht so genau weiß, was ich da kreiere. Aber wenn ich nach dem Feedback gehe, koche ich wirklich ganz gut. Ich habe über die Jahre auswendig gelernt, welche Gewürze woran müssen und was gut zusammenpasst.

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Was isst du am liebsten?

Ich esse sehr gerne nach Konsistenz. Also wo ein bisschen was im Mund passiert: ein gutes Vollkornbrot mit einem cremigen Aufstrich oder Avocado, ein bisschen Meersalz und grobem Pfeffer. Gern etwas, wo was Knackiges dabei ist oder ein getoastetes Brot und ein guter Aufstrich. Also Sachen, bei denen meine Zähne beschäftigt sind und bei denen vielleicht die Grundgeschmäcker gut rauskommen. Ich esse gerne Zitronen - also sauer - und versuche immer ein bisschen Abwechslung zu bekommen.

In deinem Podcast 'Leben ohne Sinn' beschäftigst du dich nicht nur mit Anosmie, sondern auch mit Menschen, denen andere Sinne fehlen. Wie bist du zu dem Projekt gekommen?

Ich habe immer schon mal Beiträge zum Thema gemacht, aber mir hat vor einem Jahr jemand erzählt, dass eine gute Freundin vom ihm bald ihr Augenlicht verlieren wird. Das ist eine seltene Krankheit – sie weiß, dass sie erblinden wird, sie weiß nur nicht wie schnell. Dann hat die Person von mir erzählt und die Frau meinte, dass sie lieber blind ist, als nichts mehr zu riechen. Und ich dachte mir: Krass, ich bin ja eigentlich gar nicht eingeschränkt.
 
Wir haben uns dann irgendwann kennengelernt, haben uns darüber unterhalten und ich habe gedacht: Das kann ich jetzt nicht nur in einem Artikel erzählen – das wäre ein super Thema für einen Podcast.

Das Interview führte Kim Neubauer

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