3D-Darstellung des COVID-19-Virus (Bild: imago images/Westend61)
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Interview l Viren und Pollen in der Luft - Mehr SARS-CoV-2-Infektionen durch Pollen?

Zu Beginn der Pollensaison sorgt eine Studie für Aufsehen. Die zentrale Aussage: Wenn mehr Pollen fliegen, infizieren sich mehr Menschen mit COVID-19. Was ist dran an den Ergebnissen und wie kommt es dazu?

Schon im Februar sorgen sie bei einigen Menschen für rote Augen und eine laufende Nase: Pollen. Und sind Frühblüher, wie die Erle, erst mal überstanden, geht es ab Mai mit den Gräsern so richtig los.

Mehr Pollen, höhere Infektionsrate?

Doch die Pollen sollen nicht nur Allergiegeplagte beeinträchtigen, sondern in Pandemiezeiten ein generelles Gesundheitsrisiko darstellen. Zumindest kommt ein internationales Forscherteam unter der Leitung der Technischen Universität München zu diesem Ergebnis.
Die Wissenschaftler haben die Konzentration des Blütenstaubs in der Luft mit der Zahl der Infektionen über mehrere Monate hinweg verglichen - und zwar in 130 Regionen in 31 Ländern weltweit.
 
Das Ergebnis: Durch die luftgetragene Pollen können etwa 44 Prozent der Varianz der Infektionsraten erklären können. Außerdem haben die Wissenschaftler herausgefunden, dass an Orten ohne Lockdown-Regelungen die Infektionsrate etwa um vier Prozent stieg, wenn sich die Anzahl der Pollen in der Luft um 100 pro Kubikmeter erhöhte. Diese Daten haben sie in der US-Fachzeitschrift "Proceedings of the National Academy of Sciences" veröffentlicht.

Kritik an der Studie

Nach der Publikation wurden die Ergebnisse heftig diskutiert und kritisiert. So gibt es Zweifel an der Aussagekraft der Daten: "Es gibt hier durchaus methodische Probleme in der Arbeit. Banal gesagt: Wenn man ganz viele Störche in einem Dorf sieht, heißt es nicht, dass viele Kinder von den Störchen gebracht werden. Das ist ein altes statistisches Problem, man muss die Beweisführung erbringen, dass diese Korrelation auch ursächlich ist", sagt Prof. Torsten Zuberbier, Leiter der Allergiefolgenforschung der Klinik für Dermatologie, Venerologie und Allergologie an der Berliner Charité.
 
Es gebe keine wissenschaftlich soliden Beweise, dass hier ein ursächlicher Zusammenhang besteht.
 
 

Kein Zusammenhang zwischen Pollen und COVID-19-Infektion

Auch die Stiftung Deutscher Polleninformationsdienst gibt Entwarnung. So heißt es in ihrer Stellungnahme: "Allergiker und Nichtallergiker sollten keine Sorgen oder gar Ängste entwickeln, durch den Kontakt mit Pollen in der Außenluft bevorzugt eine Infektion mit Corona-Viren zu erleiden."

Prof. Zuberbier sagt: "Wir haben uns die Daten für Berlin noch mal angeschaut und hier ist kein Zusammenhang zwischen der Pollenzahl und der Zahl der Coronainfektionen zu sehen." Zudem sei es völlig kontraproduktiv, wenn Allergiebetroffene jetzt nur noch mit Maske auch gegen Pollen rausgingen. "Lieber joggen gehen und den Frühling genießen", rät der Allergologe.

Generell gilt laut Zuberbier: "Allergiker sind keineswegs häufiger von Coronainfektionen betroffen und haben auch keineswegs ein erhöhtes Risiko bei einer Corona-Impfung."

Beitrag von Laura Will

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