Parkinson: welche Rolle hat der Darm, Bild zeigt Grafik eines Darms in blau vor schwarzem Hintergrund (Quelle: Colourbox)
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Studien und Therapieansätze - Parkinson: Welche Rolle spielt der Darm?

Es gibt Faktoren, die den Krankheitsverlauf von Parkinson positiv beeinflussen können. Dazu zählen unter anderem die Ernährung und die Bakterien im Darm.

Der Zusammenhang zwischen dem Darm und der neurodegenerativen Erkrankung Morbus Parkinson wird immer mehr erforscht. Verstopfung gilt mittlerweile als ein frühes Symptom der Krankheit bei manchen Menschen. Und ein besonderer Ernährungsplan gehört zum festen Baustein der Parkinson Therapie in Parkinson-Kliniken.

Was ist Parkinson?

Wer an Parkinson erkrankt, hat eine Gewissheit: Die Erkrankung ist unheilbar. Die Muskeln werden nach und nach steifer, dann kommt das Zittern von Armen und Beinen dazu - das sind die klassischen Symptome bei Morbus Parkinson. Parkinson zählt neben Alzheimer zu den häufigsten neurodegenerativen Erkrankungen des Nervensystems. Etwa 2 von 1.000 Menschen sind in Deutschland davon betroffen.
 
Der Verlauf der Krankheit ist schleichend: Bei Parkinson sterben nach und nach Nervenzellen im Gehirn ab. Dadurch kommt es zu einem Dopamin-Mangel. Dieser Nervenbotenstoff ist zusammen mit anderen Botenstoffen an der Bewegungssteuerung beteiligt. Durch den Mangel an Dopamin wird das Gleichgewicht der Botenstoffe durcheinandergebracht, was sich im Verlauf erheblich auf die Motorik auswirkt.
 
Bei der Entstehung einer Parkinson-Erkrankung scheinen unterschiedliche Faktoren zusammenzukommen. Das können zum Beispiel Umweltfaktoren wie Pestizide sein. In sehr seltenen Fällen kann die Erkrankung an Parkinson auch teilweise genetische Ursachen haben. Im Darm sehen Forscher und Forscherinnen mittlerweile auch mögliche Ursachen für die Erkrankung.

Welche Rolle spielt der Darm bei Parkinson?

Was auffällig ist: Viele Parkinson-Erkrankte leiden schon vor der Diagnose Morbus Parkinson an Verdauungsproblemen wie Verstopfung. "Darmprobleme können schon zehn bis zwanzig Jahre bestehen, bevor erste neurologische Probleme auffallen", sagt Prof. Dr. Georg Ebersbach, Chefarzt des Neurologischen Fachkrankenhauses für Bewegungsstörungen/Parkinson in Beelitz.
 
Diese Tatsache hat Forscher auf eine weitere Spur gebracht: Sie gehen davon aus, dass Parkinson zumindest teilweise im Verdauungstrakt beginnt. Tatsächlich zeigen neue Studien, dass für Parkinson typische Proteinablagerungen, so genannte Lewy-Körper, zuerst im Nervensystem des Darms auftauchen und erst später in den unteren Hirnregionen und schließlich im Mittelhirn zu finden sind. Im Gehirn sterben, verursacht durch die Lewy-Körper, mit der Zeit immer mehr Nervenzellen ab. "Es gibt die Hypothese, dass die Erkrankung vom Darm über den Vagus-Nerv bis in das Gehirn heraufklettert", sagt Georg Ebersbach.
 
Der Vagusnerv ist einer der größten und wichtigsten Nerven unseres Körpers. Er reicht vom Gehirn bis in die Körpermitte und ist beteiligt an der Regulation fast aller inneren Organe und des Blutkreislaufs. In Versuchen konnten Wissenschaftler nachweisen, dass bei Nagetieren mit durchtrenntem Vagusnerv die Proteine aus dem Darm es nicht ins Gehirn schaffen.
 
Bei Morbus Parkinson kommt es zu alpha-Synuclein-Ablagerungen im Gehirn. Sie sind Hauptbestandetil der Lewy-Körper. Forscher und Forscherinnen hatten gehofft, durch das Unterbinden solcher Proteinaggregationen auch das Voranschreiten der Erkrankung eindämmen zu können. Zwei Antikörper mit diesem Wirkprinzip enttäuschten aber in Studien. (Quelle: Deutsche Gesellschaft für Neurologie)
 
Forscherinnen und Forschern des Universitätsklinikums Schleswig-Holstein ist es gelungen, das fehlgeschaltete Protein "Alpha-Synuclein" aus Nervenzellen im Blut nachweisen können. Ihre Hoffnung: Durch ein frühzeitiges Erkennen der Erkrankung und eine entsprechende Dopamin-Substitution kann der Verlauf der Parkinson-Erkrankung verlangsamt werden. (Quelle: Uni Kiel)

Zusammenhang Mikrobiom im Darm und Parkinson

Auch die Zusammensetzung des Mikrobioms, das ist sozusagen die Gemeinschaft der Darmbakterien, ist bei Menschen mit Parkinson verändert. "Das Mikrobiom besteht aus etwa 30 Billionen Bakterien im Darm. Diese haben Einfluss auf immunologische Prozesse, die die Krankheitsentstehung begünstigen." Menschen mit Parkinson haben zum Beispiel überwiegend Bakterien im Darm, die die Darmwand durchlässig machen. Dadurch können entzündungsfördernde Stoffe ins Blut und auch ins Gehirn gelangen. Mit der richtigen Ernährung können die guten Bakterien im Darm gestärkt und so die Durchlässigkeit der Darmwand reduziert werden.

Infos zu Parkinson und Begleiterkrankungen

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Mit Ernährung den Verlauf von Parkinson verlangsamen

Neben der klassischen Behandlung mit Medikamenten empfehlen Ärzte und Ärztinnen Parkinson Patienten und Patientinnen eine spezielle Ernährung, um den Darm ins Gleichgewicht zu bringen und damit das Fortschreiten der Krankheit zu verlangsamen. "Hier ist die mediterrane Ernährung für den Verlauf günstiger." Das heißt konkret: Reichlich Gemüse, Fisch, Öle mit ungesättigten Fettsäuren, Vollkornprodukte und Hülsenfrüchte. "Bei dieser Form der Ernährung werden Polyphenole aufgenommen, die eine krankheitslindernde Wirkung haben können." Polyphenole sind sekundäre Pflanzenstoffe, die auch eine blutdrucksenkende Wirkung haben können. Sie sind beispielsweise in Randschichten von Obst und Gemüse enthalten. Aber auch Nüsse, dunkle Schokolade und Grüntee gehören zu den polyphenolhaltigen Lebensmitteln.
 
Die richtige Ernährung ist also ein wichtiger Bestandteil der Parkinson Therapie. Der Fokus liegt hier auf der Ernährung und nicht auf Nahrungsergänzungsmitteln. "Es gibt viele Nahrungsergänzungsmittel auf dem Markt, die bei Parkinson helfen sollen. Damit sollte man sehr zurückhaltend sein und diese wirklich nur nehmen, wenn sie ärztlich indiziert sind."

Gesunde Ernährung für Parkinson Patienten und Patientinnen

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Bei Milchprodukten auf fermentierte Produkte achten

Auch Proteine sind ein wichtiger Bestandteil der Ernährung von Patienten und Patientinnen mit einer Parkinson-Erkrankung. Zu jeder Hauptmahlzeit sollte auch eine kleine Portion Proteine, also Eiweiß, möglichst in Form von Fisch oder Milchprodukten gereicht werden. Doch Vorsicht: Patienten und Patientinnen mit Parkinson sollten bei Milchprodukten genau auswählen. "Fermentierte Milchprodukte wie Naturjoghurt oder Kefir sind für die Darmflora günstig und für Menschen mit Parkinson zu empfehlen", sagt Ebersbach.
 
Wichtig bei der Einnahme von Nahrungseiweiß ist, dass Patienten und Patientinnen die Wechselwirkung von Proteinen und Parkinsonmedikamenten wie L-Dopa beachten. Daher sollte die Einnahme der Levodopa-Medikamente entweder 30 Minuten vor oder 60 – 90 Minuten nach der Mahlzeit eingenommen werden.

Parkinson-Therapie besteht aus mehreren Bausteinen

Eine gesunde Ernährung ist bei der Behandlung von Parkinson allerdings nur ein Faktor. Weitere wichtige Bausteine der Therapie sind Medikamente, Sport und generell Bewegung.

Quellen und Infos im Netz

Beitrag von Laura Will

Wissenswertes zum Darm

Menschliches Magen-Darm-System, Computergrafik (Quelle: imago/Science Photo Library)
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