
Schlafstörungen - Restless legs: Körper mit gestörtem Ruhemodus
Diese Erkrankung geht extrem an die Lebensqualität und treibt so manchen Betroffenen in die Verzweiflung: Restless-Legs-Syndrom (RLS), das Syndrom der unruhigen Beine. Mit fast acht Millionen Betroffenen ist das RLS in Deutschland nach der Migräne die zweithäufigste neurologische Erkrankung. Was steckt dahinter und was hilft?
Das Syndrom der unruhigen Beine betrifft Millionen von Menschen in Deutschland - Frauen häufiger als Männer. Meist tritt das Leid im mittleren Lebensalter auf, aber manchmal auch schon in jungen Jahren oder sogar bei Kindern.
Beim Restless-Legs-Syndrom ...
· kribbelt, zieht und schmerzt es vor allem in den Unter- und Oberschenkeln. Selten sind auch die Arme und die Brustwand betroffen. Das RLS kann auch in Schüben verlaufen.
· haben Betroffene einen unkontrollierbaren Bewegungsdrang.
· gehen die Schmerzen typischerweise durch Bewegung weg.
· tauchen die störenden Missempfindungen meist im Sitzen und Liegen auf, wenn sich Betroffene ausruhen. Oder bei längeren Wartezeiten im Sitzen, beim Theater- oder Kinobesuch, bei Autofahrten oder dem abendlichen Sitzen vor dem Fernseher.
· sind die Beschwerden abends oder nachts schlimmer als tagsüber. Nicht selten treten sie nur am Abend oder in der Nacht auf.
· entwickelt sich oft in der Folge eine Schlafstörung.
Genaue Ursache bisher unklar
Bis heute ist nicht genau klar, woher das RLS kommt. Wissenschaftler und Wissenschaftlerinnen vermuten eine Störung im Zusammenspiel verschiedener Überträgerstoffe zwischen den Nervenzellen im Gehirn.
Dazu zählen zum Beispiel der Botenstoff Dopamin, Opioide oder Störungen im Eisenstoffwechsel.
Produziert das Gehirn nicht ausreichend dieser Substanzen oder werden notwendige Stoffe nicht richtig aufgenommen oder verwertet, können Bewegungsimpulse im Schlaf oder in Ruhe nicht mehr ausreichend unterdrückt werden. Stattdessen werden sie ungefiltert an die Muskeln weitergeleitet. In der Folge zucken und schmerzen diese.
Zudem spielen bei mehr als jedem zweiten Erkrankten erbliche Faktoren eine Rolle. Meist sind dann mehrere Menschen einer Familie betroffen.
Die Diagnose stellen Experten meist schnell
Suchen Betroffene mit ihren Schmerzen ärztlichen Rat, diagnostizieren Experten und Expertinnen das neurologische Krankheitsbild meist schnell anhand weniger typischer Fragen (siehe Selbsttest), einer körperlichen Untersuchung und dem Ausschluss anderer Krankheiten.
Zudem kontrollieren sie anhand der Blutuntersuchung die Eisenwerte und die Nierenfunktion.
Mit dem sogenannten L-Dopa-Test können sie zudem feststellen, ob tatsächlich ein RLS vorliegt: Führen 100 Milligramm des Medikaments L-Dopa zu einem Verschwinden der Beschwerden, ist die Erkrankung gesichert.
In unklaren Fällen ordnet der Arzt oder die Ärztin eine Untersuchung in einem Schlaflabor an. Dort werden dann die Hirnströme, jede Beinbewegung und auch die Atmung im Schlaf aufgezeichnet und am nächsten Tag ausgewertet.
Beim RLS zeigen sich typische Befunde wie zum Beispiel sogenannte periodische Beinbewegungen (PMLS), die in einem bestimmten Rhythmus auftreten und zu einem Ausschlag der Gehirnströme führen.
Die spontanen Beinbewegungen reißen das Gehirn aus dem Schlaf und verhindern die wichtigen REM-Tiefschlafphasen.
Wichtig: Keine andere Krankheit übersehen!
Wichtig ist, dass die Experten bei der Diagnosestellung alternativ auch andere Krankheiten im Blick haben, in deren Folge das RLS auftreten kann - so kämpft beispielsweise etwa jeder zweite Dialyse-Patient mit dem Leiden.
RLS tritt zudem auf bei:
· Schwangerschaften
· rheumatischer Arthritis
· Eisenmangel
· bestimmten Medikamenten, zum Beispiel gegen Depression oder Übelkeit
· Polyneuropathie
· Niereninsuffizienz
· Schilddrüsenfunktionsstörungen
Bisher keine Heilung für RLS
Bisher kennen Neurologen nichts, was das RLS heilen könnte. Die Beschwerden lassen sich aber durch verschiedene Wirkstoffe lindern:
· Bei Eisenmangel unterstützen Eisenpräparate.
· Bei stärkeren Beschwerden helfen Dopaminpräparate wie Levodopa. Der Gehirn-Botenstoff Dopamin wird damit praktisch ersetzt. Die Tabletten wirken meist schon nach wenigen Tagen. Nachteil von Levodopa ist die kurze Wirkdauer. Betroffene müssen die Arznei mitunter auch nachts einnehmen. Zudem lässt die Wirkung oft nach einigen Jahren nach. L-Dopa kann mit unerwünschten Wirkungen wie zu Beispiel Übelkeit und Schlafstörungen einhergehen.
· Alternativ lohnt ein Versuch mit dem sogenannten "Neupro"-Pflaster. Das Pflaster gibt den Wirkstoff Rigotin permanent ab, so das die Patienten rund um die Uhr beschwerdefrei sind. Rogotin ist ein sogenannter Dopaminagonist. Die Substanz ist dem Dopamin ähnlich und stimuliert die Dopamin-Rezeptoren. Dopaminagonisten können in einer höheren Dosis das Verhalten ändern: Man wird süchtig nach Essen, Sex, Spielen oder Konsum. Zwangshandlungen sind möglich.
· Wer L-Dopa oder Dopaminagonisten nicht verträgt, erhält andere Medikamente wie zum Beispiel Antiepileptika oder starke, Opiat haltige Schmerzmittel.
· Wichtig ist, dass das RLS nicht mit einer Depression verwechselt wird. Antidepressiva helfen den Betroffenen nicht.
· Derzeit getestet wird die Behandlung in der Kältekammer: Für drei Minuten setzen sich die Patienten/Patientinnen dabei einer extremen Temperatur von minus 60 Grad Celsius aus. Studiendaten zeigen: Nach zehn Anwendungen in der Kältekammer sind die Beschwerden noch nach zwei Wochen immer noch besser. Kältekammern gibt es in vielen Rheuma-Zentren.
Das können Betroffene selber tun
Das können Sie selbst tun, wenn Sie unter RLS leiden:
· auf ausreichend Eisen in der Ernährung achten.
· die Eisenwerte regelmäßig kontrollieren lassen.
· regelmäßig Vitamin C zu sich nehmen, das fördert die Eisenaufnahme.
· Wechselduschen, Fußbäder und kalte oder warme Wickel machen.
· die Beine massieren und bürsten und so die Durchblutung anregen.
· sich körperlich bewegen, aber nicht abends.
· die Extremitäten dehnen und Gymnastik machen.
· feste Schlafenszeiten einhalten, auf den Mittagsschlaf verzichten.
· vor dem Schlafengehen verzichten auf schwere körperliche Arbeit, Stress, Nikotin, Alkohol und koffeinhaltige Getränke.
· Süßigkeiten meiden.
Beitrag von Beate Wagner