HWS-Syndrom: Mann mit Nackenschmerzen hält sich hinteren Hals an Wirbelsäule (Bild: imago images/Zoonar)
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Nackenschmerzen - HWS-Syndrom: Ursachen Symptome Hilfe

Nackenschmerzen, Schulterschmerz, manchmal bis in die Arme: Beim HWS-Syndrom liegt die Schmerzquelle in der Halswirbelsäule. Ursache ist oft: Haltung.

Infos in Kürze

• HWS steht für Halswirbelsäule und das HWS-Syndrom beschreibt Beschwerden wie Nackenschmerzen, Schmerzen im oberen Rücken und Schulterschmerzen, die ihren Ursprung in der Halswirbelsäule haben. „HWS-Syndrom“ ist also ein Sammelbegriff für eine Reihe von Symptomen mit gemeinsamem Bereich der Ursachen.
• Nackenschmerzen durch HWS-Syndrom sind in den meisten Fällen nicht gefährlich, können die Lebensqualität und Beweglichkeit aber massiv einschränken.
• Kurzfristig kann bei Nackenschmerzen mit Wärme und / oder Schmerzmitteln Linderung verschafft werden. Auf Dauer hilft aber nur Bewegungsmuster zu verändern und dabei einige Muskeln zu stärken, andere zu entlasten und die Halswirbelsäule nicht zu überfordern.

Millionen Menschen in Deutschland setzt sich immer wieder der Schmerz in den Nacken – Tendenz steigend. Und etwa jeder dritte Europäer hat mindestens einmal pro Jahr Beschwerden durch Nackenschmerzen und Verspannungen.
Arbeit im Sitzen und Alltag mit viel Bildschirmnutzung haben dazu beigetragen, dass die Halswirbelsäule immer längere Zeit in gleicher Stellung verharren muss; der Kopf wird geneigt. Dabei wirken enorme Kräfte: bei 45 Grad Kopfneigung können bis zu 30 Kilo auf die sieben Halswirbel drücken. Auf Dauer verkürzen sich Muskeln, verhärten in Anspannung und das führt zu den klassischen Beschwerden wie Schmerz und Verspannungen.
 
Lesen Sie hier mehr dazu, welche konkreten Ursachen hinter dem HWS-Syndrom stecken können und was hilft.

Was ist das HWS-Syndrom?

Der Sammelbegriff HWS-Syndrom oder auch Zervikalsyndrom beschreibt Nackenschmerzen und begleitende Beschwerden wie Schulterschmerzen, deren Ursachen in der Halswirbelsäule zu finden sind – daher der Begriff Halswirbelsäulensyndrom.
Klassisches Symptom sind Schmerzen und schmerzhaftes Ziehen im Nacken durch Verspannungen. Die schmerzhaften Beschwerden aus der Halswirbelsäule, z. B. Schmerzen in der Nackenmuskulatur, können dabei auch in Schultern und Arme ausstrahlen. In anderen Fällen ist der obere Rücken betroffen.

Die Halswirbelsäule besteht aus den sieben obersten Halswirbeln, direkt unter dem Kopf. Der Lateinische Name für Halswirbel bzw. Wirbelgelenk ist Vertebrae cervicales und der erste Wirbel hat auch einen eigenen Namen: Atlas (manchem durch die Atlastherapie aus dem Bereich der Physiotherapie bekannt).
 

Die Halswirbelsäule gilt als beweglichster Teil der ganzen Wirbelsäule: Sie versetzt uns in die Lage den Kopf, den sie trägt, in extrem viele Richtungen zu bewegen. Und nicht zuletzt trägt die Halswirbelsäule unser wichtigstes Organ: das Gehirn. Wer schon mal einen steifen Nacken hatte oder unter Nackenschmerzen leidet weiß, wie extrem beweglich die Wirbelgelenke sind – und was fehlt, bzw. schmerzt, wenn diese Mobilität eingeschränkt ist.

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Formen des HWS-Syndroms lassen sich nach verschiedenen Kriterien unterscheiden, z. B. …

 
nach der Dauer: akutes HWS-Syndrom oder chronisches HWS-Syndrom.
nach Lage bzw. auslösendem Bereich der Halswirbelsäule: 

- Halswirbelkörper 1 + 2: oberes HWS-Syndrom
- 
Halswirbel 3, 4 + 5: mittleres HWS-Syndrom
- Wirbelgelenke 6 + 7: unteres HWS-Syndrom.
nach Ursache bzw. Auslöser für den Schmerz aus der Halswirbelsäule:
- Schonhaltung, Fehlhaltung oder Überbelastung (Stichwort: Handynacken) führen zu Verspannungen und einem funktionellen HWS-Syndrom,
- Verschleiß (durch Krankheit beschleunigt oder nicht) kann zu einem degenerativen HWS-Syndrom führen und
- Trauma oder ein Unfall haben oft das posttraumatische HWS-Syndrom zur Folge.
nach Verlauf der Schmerzen:
- Axiale Nackenschmerzen sind eher direkt an der Halswirbelsäule angesiedelt und strahlen seltener in die Schultern aus.
- Radikuläre (heißt: die Nervenwurzeln betreffend) Nackenschmerzen: Der Schmerz folgt hier der Nervenbahn, weil hinter den Nackenschmerzen eine Nervenreizung steckt. Diese Form des HWS-Syndroms kann auch häufiger zu Kopfschmerzen führen, gerade am Hinterkopf. Aber auch Ausstrahlung in Arme und Schultern sind häufig.

Ursachen: Was löst ein HWS-Syndrom aus?

Wie auch bei Rückenschmerzen gilt ebenso für Nackenschmerzen bzw. das HWS-Syndrom: Die Ursachen sind sehr vielfältig. Ganz allgemein kann man zusammenfassen: Abgesehen von einem Unfall sind es vor allem Fehlhaltungen, einseitige Belastungen des Nackens und der Halswirbel, wie sie durch viel Bildschirmarbeit entstehen (Stichwort: Handynacken) sowie der Verschleiß oder Erkrankungen, die eine Veränderungen der Knochen- oder Knorpelsubstanz befördern oder verursachen.

Zu häufigen Ursachen des HWS-Syndroms gehören dementsprechend:
 
• Überforderte Nackenmuskulatur, die verspannt oder verhärtet
• Zu schwach ausgeprägte stützende Muskulatur des Nackens durch Bewegungsmangel
• Dauerbelastung und / oder Fehlbelastung der Halswirbelsäule im Alltag (Am Tag: beispielsweise durch Bildschirmarbeit mit schädlicher Sitzhaltung / Kopfhaltung. Nachts: Durch Liegen in ungünstiger Haltung und Verspannung, was mit Kissen und Matratze zusammen hängen kann).
• Verletzungen der HWS durch einen Unfall (z.B. Autounfall mit Schleudertrauma, Sportverletzungen)
• Degenerative Veränderungen der Halswirbelsäule durch Erkrankungen, z. B. Arthrose, Rheuma oder rheumatoide Arthritis, Osteoporose, etc.
• Altersbedingte degenerative Veränderungen (Verschleiß, weniger Flüssigkeit in den Bandscheiben usw.)
Bandscheibenvorfall (Prolaps) an einem oder mehreren Halswirbeln
• Entzündung eines Wirbelkörpers (Spondylitis)
• Infektionen des Rückenmarks
Krebserkrankungen (Primärtumore an der Wirbelsäule oder Metastasen anderer Tumore bzw. Krebserkrankungen).

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Seltener kommt es z. B. durch eine fehlgeschlagene Wirbelsäulen-OP zu Folgeschäden oder durch einen echten und massiven Mangel an Vitamin D zu einer Erweichung des Knochens (Rachitis) an der Halswirbelsäule.

Am häufigsten sind muskuläre Probleme Ursachen für Nackenschmerzen und es gibt vor allem fünf Faktoren, die das Risiko für das HWS-Syndrom (Zervikalsyndrom) erhöhen:
 
• Berufliche Tätigkeit vor Bildschirmen mit langer, starrer und schlimmstenfalls schlechter ergonomischer Sitzhaltung
• Schwere körperliche Arbeit (z. B. im Baugewerbe, Logistik oder in der Pflege)
Übergewicht / Adipositas
• (chronischer) Stress
• Gewichtsveränderungen oder Verlagerungen während der Schwangerschaft.

Wann ist ein HWS-Syndrom gefährlich?

Wie gesagt ist in den meisten Fällen ein HWS-Syndrom nicht unmittelbar gefährlich oder Nackenschmerzen sofort medizinisch behandlungsbedürftig.
 
Es gibt aber Auslöser für das Halswirbelsäulensyndrom, bei denen das anders sein kann – also gefährliche Ursachen, die es im Zweifel auszuschließen gilt. Zu diesen Ursachen zählen beispielsweise:
• Tumore / Krebserkrankungen
• Entzündungen der Halswirbelsäule
• Hirnhautentzündung (Meningitis)
• neurologische Erkrankungen, wie der "muskuläre Schiefhals" (Torticollis spasmodicus), bei dem ein Teil der Halsmuskulatur krampft
• Nackenschmerzen und Kopfschmerzen können auch Symptom einer Aortendissektion sein, also von einem Riss in der Hauptschlagader im Hals (Aorta) – das ist aber sehr selten.

Woher kommen Blockaden in der Halswirbelsäule?

Besonders oft ist im Zusammenhang mit Nackenschmerzen von "Blockaden" die Rede – das ist aber kein schulmedizinischer Fachbegriff. Spricht man von einer Blockade der Halswirbelsäule ist damit in der Regel gemeint, dass ein Halswirbel oder mehrere schmerzen und in ihrer Beweglichkeit eingeschränkt sind. Das kann sich auch in Kopfschmerzen (Spannungskopfschmerzen) und einem "steifen Nacken" äußern.
 
Folge ist oft eine Schonhaltung, die zwar kurzzeitig gegen den Schmerz hilft oder ihn zumindest vermeidet, aber auf Dauer das Problem verstärken kann, weil beispielsweise andere Muskeln einspringen müssen und es an anderer Stelle zu Überlastungen kommt. Wichtig ist es daher der Ursache der jeweiligen Halswirbelblockade auf den Grund zu gehen – am besten durch eine Diagnose bei Ärztin oder Physiotherapeut.
 
Bei Verdacht auf Bandscheibenvorfall (an der Halswirbelsäule zervikaler Bandscheibenvorfall genannt) ist es wichtig, diesen z. B. mit Hilfe von bildgebenden Verfahren auszuschließen.

Klassische Ursachen für eine Blockade der Halswirbelsäule können Fehlhaltung oder ein Unfall sein, aber auch eine ungewöhnliche kurzzeitige Überlastung kann zur Blockade führen (z. B. Streichen einer Decke, Umzug, Sportverletzungen, etc.). Außerdem können mit dem Alter auch Verschleißerscheinungen der Halswirbelköper häufiger in Erscheinung treten. Davon können auch die Bandscheiben betroffen sein.

In aller Regel geht es bei Hilfe gegen eine Wirbelblockade darum, die verspannten Muskeln durch Übungen wieder zu mobilisieren und zu entspannen. Dabei können Wärme, Lockerungsübungen, Manuelle Therapie, aber auch Schmerzmittel (um Bewegung überhaupt erst wieder zu ermöglichen) oder Muskelrelaxanzien (muskelentspannende Mittel) helfen. Die Behandlung kann und sollte Patient oder Patientin zuhause durch aktive Übungen unterstützen, in Absprache mit Ärztin oder Arzt.

Video: Physiotherapie bei Bandscheibenvorfall in der HWS

Welche Symptome hat man beim HWS-Syndrom?

Der Begriff "HWS-Syndrom" beschreibt Nackenschmerzen, Schmerzen im oberen Rücken und Schulterschmerzen, die ihren Ursprung in der Halswirbelsäule haben. Da liegt in der Natur der Sache, dass das klassische Symptom eines HWS-Syndroms (auch Zervikalsyndrom genannt) Nackenschmerzen und ihre Begleitsymptome sind.
 
Zusammengefasst sind die häufigsten Symptome also:
 
• Harte Muskulatur (Myogelose), verspannte und druckempfindliche Muskeln an der Rückseite des Halses, die Schmerzen verursachen. Manchmal ziehen diese Schmerzen bis in den oberen Rücken.
• Schmerzen entlang der Nervenkanäle bis in die Schultern (Radikuläre Nackenschmerzen). Sie werden oft als brennend oder stechend (wie bei Stromschlägen) beschrieben, also als "spitze" oder "scharfe" Schmerzen.
• Bewegungsschmerz (eher stumpfer Schmerz) beim Nicken, Neigen oder Drehen des Kopfes (z. B. Schulterblick im Auto).
Kopfschmerzen, vor allem Spannungskopfschmerz
Schwindel
Schulterschmerzen
• Kraftlosigkeit der Muskulatur der Schultern oder Arme
Kribbeln in den Armen
• In extremeren Fällen kann das HWS-Syndrom auch zu Taubheitsgefühlen in Armen und Händen führen (vor allem Daumen und Zeigefinger können betroffen sein).

Wichtig: Gerade neurologische Symptome, wie Kribbeln oder Taubheitsgefühle sollte man nicht einfach aussitzen, sondern von Arzt oder Ärztin untersuchen und abklären lassen, um eine ernste Gesundheitsgefahr und Schädigung von Nerven auszuschließen.

Video: Banscheibenvorfall - konservativ behandeln oder OP?

Behandlung: Was hilft beim HWS-Syndrom?

Das kommt auf die Ursache an: Nach einem Unfall oder in schweren Fällen bei einem Bandscheibenvorfall kann eine OP in Frage kommen. Sind die Nackenschmerzen z. B. Begleitsymptom einer Krebserkrankung, muss die Therapie ganzheitlich und zusammen mit einer Krebstherapie gedacht werden.

In den allermeisten Fällen und bei den meisten Formen des Halswirbelsäulensyndroms kommen für die Behandlung aber konservative Therapien in Frage, weil es um Probleme der Muskulatur geht.
Das bedeutet vor allem: Patientinnen und Patienten möglichst schnell wieder in eine normale und gesunde Haltung und Bewegung zu bringen, beispielsweise mit Hilfe von Physiotherapie sowie Übungen zur Entspannung und Übungen zur Kräftigung. Lange Bewegungseinschränkungen und / oder Schonhaltungen gilt es auf jeden Fall zu vermeiden. Sie verschlimmern das Problem u. a. durch Stress für andere Muskeln.
 
Klassische Mittel der Behandlung beim HWS-Syndrom sind also:
• Wärmeanwendungen (Thermotherapie), um Muskeln zu entspannen (Wärmepflaster, Wärmelampe, Kirschkernkissen & Co.)
• Physiotherapie & Übungen zur Dehnung und gezielte Übungen zur Kräftigung vernachlässigter Muskulatur
Schmerzmittel (auch Salben oder Gels), um Bewegung zu ermöglichen (vor allem aus der Gruppe der nichtsteroidalen Antirheumatika, kurz NSAR, wie Diclofenac, Ibuprofen oder Naproxen)
• Medikamente zur Muskelentspannung (Muskelrelaxate)
• Sind Nerven betroffen bzw. eingeklemmt oder geht es um einen Bandscheibenvorfall, können auch Spritzen im Rahmen der Schmerztherapie zum Einsatz kommen (Minimal-invasive Injektionstherapie).

Um den typischen Ursachen des Halswirbelsäulensyndroms aber wirklich nachzukommen, braucht es auf Dauer oft mehr Bewegung & Sport, eine gesunde Haltung im Alltag (auch bei der Bildschirmarbeit) und gegebenenfalls auch die Reduktion von Stress. Denn diese typischen Ursachen für Nackenschmerzen liegen vor allem in unserem Lebensstil und der "sitzenden Arbeitswelt".

Hilfe für Rücken & Wirbelsäule

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Wie lange dauern Nackenschmerzen beim HWS-Syndrom?

Auch das hängt stark von der Ursache eines HWS-Syndroms ab:
Ab einer Dauer von mehr als 3 Monaten sprechen Expertinnen und Experten davon, dass ein HWS-Syndrom chronisch geworden ist.
 
Außerdem gibt es auch sogenannte rezidivierende HWS-Syndrome, das heißt, dass die entsprechenden Nackenschmerzen und unter Umständen einhergehenden Schulterschmerzen war nach kurzer Zeit verschwinden, aber regelmäßig wiederkehren.

Ganz allgemein gilt für ein "normales", also gelegentlich auftretendes, akutes HWS-Syndrom (nicht rezidivierend), dass die Beschwerden durch Schmerzen in der Regel nach 1 – 2 Wochen wieder verschwunden sind. Von Arzt oder Ärztin empfohlene Übungen können diesen Prozess beschleunigen und Verspannungen aktiv mindern.

Insgesamt sind die meisten Fälle von Nackenschmerzen akut, Beschwerden durch ein HWS-Syndrom halten also meist nicht länger als maximal zwei Monate an. Im Zweifel sollte man aber auf keinen Fall zögern Arzt oder Ärztin bzw. Physiotherapeuten anzusprechen und sich nach Hilfe und Therapie zu erkundigen.

Beitrag von Autorin Lucia Hennerici

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